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Es gab tatsächlich den Vorschlag, dass Spindelegger Finanzminister wird, bestätigt Wirtschaftsbund-Präsident Christoph Leitl.

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Erwin Pröll ist sauer auf Leitl. Was dieser behaupte, sei eine "Lüge".

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Wien - Die Gerüchte um Personalrochaden im ÖVP-Regierungsteam sind mehr als nur substanzlose Medienspekulationen gewesen. Zwar versicherte ÖVP-Chef Michael Spindelegger nach einer Krisensitzung der Parteigranden Donnerstagabend in Wien einmal mehr, dass an den "Gerüchten" nichts dran sei. Wirtschaftsbund-Präsident Christoph Leitl bestätigte allerdings im ORF-Radio Oberösterreich, dass es sehr wohl die Überlegung gegeben habe, dass Spindelegger vom Außen- ins das Finanzministerium wechselt.

Leitl betonte auch, dass dieser Wechsel beim Wirtschaftsbund auf Widerstand gestoßen ist: "Es hat da eine Überlegung gegeben, von der wurde nichts gehalten. Sie war aber auch gar nicht spruchreif. Wenn dieser Vorschlag gekommen wäre, hätte ich meine Bedenken schon zum Ausdruck gebracht. Dieser Wechsel wäre nicht sinnvoll gewesen." Auf die Frage, ob Spindelegger der richtige Spitzenkandidat für die Nationalratswahl ist, sagte Leitl: "Ja, warum denn nicht. Er bemüht sich sehr."

Pröll: "Das war ein ganz normales Treffen"

Der niederösterreichische Landeshauptmann Erwin Pröll bezeichnet laut "ORF Niederösterreich" die Behauptungen, wonach er selbst wollte, dass Spindelegger Finanzminister wird, als "Lüge".  "Das war ein ganz normales Treffen der Parteispitze. Wir haben natürlich überlegt, im Zusammenhang mit der Volksbefragung, in welcher Weise wir miteinander vorgehen", so Pröll im "Sommergespräch" mit dem "ORF Niederösterreich", das am Freitagabend ausgestrahlt werden wird.

Plasser: Zustand der ÖVP "bejammernswert"

Der Politologe Fritz Plasser hält den Zustand der ÖVP für "bejammernswert". "Eine Partei, die ist nicht schafft, Tritt zu fassen, sich thematisch zu positionieren, die sich offensichtlich intern völlig uneinig ist, erweckt einen Eindruck, den ich als "deplorabel" bezeichne (bedauernswert, Anm.)", so Plasser im Ö1-Mittagsjournal. 

Schwacher Obmann

ÖVP-Parteiobmann Michael Spindelegger sei in seiner Position "geschwächt", so der Politologe. Vor allem der Vorstoß einiger ÖVP-Landeshauptleute für eine Volksbefragung über die Wehrpflicht bewertet Plasser als eine "veritable Schwächung der Autorität eines Parteiobmanns". Sollte Spindelegger tatsächlich eine Neuaufstellung des Teams angedacht haben und an den Bünden gescheitert sein, dann sei das eine weitere Autoritätsschwächung, sagt Plasser. Im Kern erwecke Spindelegger derzeit den Eindruck, eines Parteiobmanns "auf Abruf". 

Plasser rät zur Vertrauensfrage

Den Handlungsspielraum Spindeleggers ist laut Plasser den letzten Tagen "sehr, sehr gering" geworden. Er rät dem ÖVP-Obmann, einen Parteitag einzuberufen und sich dort neuerlich eine Legitimation zu holen. Er solle "demonstrativ die Vertrauensfrage stellen" und zwar nicht im kleinen Kreis, so wie am Donnerstag, sondern vor der gesamten Partei. Auf die Frage, wann Spindelegger dies tun solle sagte Plasser: "Am besten nächste Woche".

"Selbstbeschädigende Tradition"

Die häufigen Personaldebatten in der ÖVP bezeichnete Plasser als "selbstbeschädigende Tradition". "Das könnte im Ernstfall auch bedeuten, dass sie bei der nächsten Nationalratswahl 2013 unter die Zwanzig-Prozent-Marke fällt", so der Politologe. Dann hätte die ÖVP "nicht einmal mehr Koalitionsgewicht" - eine große Koalition gemeinsam mit der SPÖ könnte sich dann nicht mehr ausgehen.
(red, derStandard.at/APA, 31.8.2012)