So hübsch können englische Gemeindebauten sein: An ihnen haben sich die Cos-Designer für ihre aktuelle Herbst- kollektion orientiert.

Foto: Hersteller

Karin Gustafsson verantwortet die Damenmode bei Cos. Die 1973 in Linköping geborene Schwedin betrieb eine eigene Modelinie und ist seit 2006 bei Cos.

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STANDARD: Was ist schwieriger als Designer, die Reduktion oder das Dekor?

Karin Gustafsson: Das lässt sich so nicht sagen, jedes Kleidungsstück muss in sich perfekt sein. Prinzipiell interessiert mich aber die Funktion eines Kleidungsstücks mehr als seine Dekoration.

STANDARD: Die Designsprache bei COS lässt sich aber mit dem Wort Reduktion ganz gut umschreiben, oder?

Gustafsson: Bei uns gilt auf jeden Fall: Weniger ist mehr. Ich würde sagen, wir versuchen in erster Linie, modern zu sein, wir arbeiten von Anfang an dreidimensional an Kleiderpuppen, wobei das haptische Moment eines Kleidungsstücks besonders wichtig ist. Unsere Mode soll länger als eine Saison halten, deswegen müssen Stoffe und Schnitte auch immer etwas Zeitloses haben.

STANDARD: Ist COS eine typisch skandinavische Marke?

Gustafsson: Das würde ich nicht so sehen, auch wenn wir im Besitz von H&M sind und ich selbst Schwedin bin. Unser Team ist sehr international. Was die Ästhetik anbelangt, haben wir aber sicher eine skandinavische Note.

STANDARD: Was ist der Unterschied zwischen COS und H&M?

Gustafsson: Unsere Preise starten dort, wo jene von H&M enden. Unsere Shops schauen ganz anders aus. Was die Designsprache anbelangt, gehen wir von etwas unterschiedlichen Ausgangspunkten aus.

STANDARD: Es scheint manchmal, als ob sich COS stark an den Minimalisten der Neunziger, an Designern wie Helmut Lang, Calvin Klein oder Jil Sander orientieren würde. Korrekt?

Gustafsson: Wenn Sie damit meinen, dass für uns Stoffe wichtig sind, ja. Anderweitig sehe ich das aber weniger. Unsere Inspiration liegt meist im künstlerischen Bereich, in der Architektur, im Design.

STANDARD: H&M ist sehr gut darin, Trends vom Laufsteg zu kopieren. Wie ist das bei COS?

Gustafsson: Ich denke, Kunst ist Mode weit voraus, insofern ist es wichtiger, sich anzuschauen, was in der Kunst gerade los ist als auf den Laufstegen. Wir sind eigentlich recht altmodisch eingestellt, wir setzen uns gerne in Bibliotheken und wälzen Bücher. Aber klar, im Zeitalter des Internets ist es unmöglich, sich anderen Inspirationen gänzlich zu versperren.

STANDARD: Was war Ihr Ausgangspunkt bei Ihrer Herbstkollektion?

Gustafsson: Im Fernsehen gab es eine Doku über englische Gemeindebauten, über diese sehr nüchternen Betonbauten, die immer etwas depressiv wirken. Ein Künstler malte sie allerdings in leuchtenden, optimistischen Farben, und an diesem Punkt haben wir mit unserer Kollektion eingehakt.

STANDARD: In Wien eröffnet jetzt der erste COS-Store in Österreich. Was interessiert Sie künstlerisch an der Stadt?

Gustafsson: Ich war noch nie in Wien, werde mir also einiges anschauen. Adolf Loos interessiert mich zum Beispiel: Ich habe mich intensiv mit seiner Arbeit beschäftigt, allerdings noch nicht modisch. Na ja, vielleicht wird es ja langsam Zeit. (Stephan Hilpold, Rondo, DER STANDARD, 31.8.2012)