Ein Clown führt die Hamlet-Puppe mit Sessel-Körper.

Foto: Kirchner

Salzburg - Das von Schauspielerhand gelenkte Spiel von Puppen verschafft der Tragödie des Dänenprinzen Hamlet in einer In szenierung der südkoreanischen Gruppe Tuida eine bezwingende Düsterkeit. Zu sehen ist die Produktion derzeit beim Young Directors Project der Salzburger Festspiele. Regisseur Bae Yo-sup durfte, weil er die Altersgrenze von vierzig Jahren bereits überschritten hat, am Wettbewerb nicht teilnehmen, seine Compa gnie hat aber glücklicherweise auch keine Karrierestarthilfe nötig, da sie seit 2001 erfolgreich in Seoul arbeitet. Seit einem Jahr heißt ihre Basis Hwacheon.

Das Besondere an diesem von fünf Weißclown-Figuren erzählten und gespielten Abend ist die Technik, mit der die Puppen geführt werden, d. h. wie die Puppenköpfe auf der Republic-Bühne sich ihre zur jeweiligen Stimmung passenden Rümpfe suchen. Einmal landet ein Kopf auf einem aufgespannten Sonnenschirm, ein an dermal wird er auf einem Stab getragen. Unter ihnen ist die Puppe des Hamlet ein stolzer Schrumpfkopfträger, der von den übermächtigen Pappmaché-Schädeln seiner Mutter wie seines Neo-Vaters geradezu erdrückt scheint: Sein Onkel hat sich durch den Brudermord an den Thron und an die Königin herangemacht. Das kann nicht jedes Kind verkraften.

Auf der im Hintergrund mit Bam busgestängen begrenzten Bühne steht ein Gauklerwagen, der für die Theaterszene im Stück die Bühne abgibt. Winzige Handpuppen stellen an der Wagenrampe den Königsmord nach. Ein Spannungsmoment, der mit spitzen Schreien untermauert wird.

Generell gilt: Die schnelle, in hohen Tonlagen angesiedelte koreanische Bühnensprache scheut keinen Ausdruck des Entsetzens, der Panik oder des Schmerzes. Entlastung erfährt die so forcierte Dramatik nur durch die als Bindeglied zwischen Publikum und Shakespeares Hamlet gestellten Clowns, die das Geschehen in ihrer Schlaubi-Schlumpf-Manier frech kommentieren und kritisieren. Unter anderem geht es dabei um die Sicht auf den Tod, der im Schamanismus wiederum nicht das Ende, sondern der Beginn neuen Lebens ist. Das ist ein gewisser Trost für die am Konflikt im dänischen Königshof Beteiligten, der rundum tödlich endet.

Das schönste Hinscheiden gewährt man erwartungsgemäß Ophelia, Hamlets Geliebter. Sie - ebenfalls schrumpfköpfig - wird aus dem Wasser gefischt, in dem sie sich ertränkt hatte, und zieht dann, an einer langen Angel hängend, mit ihrem ebenso unendlich langen weißen federigen Haar weite Kreise durch die Luft.

Der koreanischen Tradition folgend drückt sich vieles über Musik und Gesang aus - das besagt schon der Titel: Hamlet Cantabile. Der Geist von Hamlets Vater versteht sich beispielsweise prächtig auf den Synthesizer. Trotz eines archaisch-mythischen Antlitzes (schlammfarbige Fetzenkostüme, hölzerne Bühnenbauten, barfüßige Spieler) ist dieser Abend ein geglücktes Fusion-Theater aus westlichen wie östlichen Elementen. Regisseur Bae Yo-sup hat sich etwa gründlich mit Bertolt Brecht befasst. (Margarete Affenzeller, DER STANDARD, 29.8.2012)