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Mit Schwung geht es derzeit vor allem abwärts.

Foto: EPA/Martin

Madrid - Die Verunsicherung unter den Verbrauchern reißt das krisengeplagte Spanien tiefer in die Rezession. Das Bruttoinlandsprodukt schrumpfte vor allem wegen der schwachen Binnennachfrage von April bis Juni um 0,4 Prozent im Vergleich zum Jahresanfang, wie die Statistikbehörde INE am Dienstag in Madrid mitteilte. Im ersten Quartal hatte es ein Minus von 0,3 Prozent gegeben.

"Der Rückgang wird sich in der zweiten Jahreshälfte fortsetzen", sagte Wirtschaftsstaatssekretär Fernando Jimenez Latorre. "Ab dem ersten Quartal kommenden Jahres dürften wir eine Verbesserung sehen." Auch den Regionen setzt sich Schuldenkrise immer stärker zu: Spaniens wirtschaftlich stärkste Region Katalonien kündigte an, die Regierung um Finanzhilfe zu bitten.

Hoffen auf den Export

Die Regierung hofft darauf, dass der Export die Rolle der Konjunkturlokomotive übernimmt. Im Frühjahr zogen die Ausfuhren um 3,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum an. Das reichte allerdings nicht aus, um den Rückgang der Binnennachfrage von 3,9 Prozent auszugleichen. Der private Konsum leidet unter der Rekordarbeitslosigkeit: Jeder vierte Spanier hat keinen Job. Zudem macht der scharfe Sparkurs der Regierung im Kampf gegen die Schuldenkrise den Verbrauchern zu schaffen.

Die Wirtschaftsmisere erschwert die Sanierung des Staatshaushalts. Die Regierung will das Defizit in diesem Jahr auf 6,3 Prozent drücken, von 8,9 Prozent 2011. "Die Konjunktur ist viel schwächer als angenommen, was das Erreichen der ambitionierten Ziele erschwert", sagte UniCredit-Analyst Tullia Bucco. Dennoch konnte sich Spanien erneut Milliarden von Investoren zu deutlich niedrigeren Zinsen leihen. Das hoch verschuldete Land verkaufte Geldmarktpapiere und sammelte dabei rund 3,6 Mrd. Euro ein. Bei der Auktion von Bonds mit drei Monaten Laufzeit fiel die durchschnittliche Rendite auf 0,946 von 2,43 Prozent im Juli. Die Rendite bei Sechs-Monats-Papieren sank auf 2,026 Prozent von 3,69 Prozent.

Spanier ziehen weiter Geld ab

Verschärft wird die Lage dagegen durch die Bankenkrise. Die verunsicherten Spanier ziehen weiter Geld von den Instituten ab. Ihre Einlagen schrumpften im Juli um fast fünf Prozent auf 1,509 Billionen Euro. Die Regierung verhandelt Kreisen zufolge über Hilfen von bis zu 100 Mrd. Euro aus dem Euro-Rettungsschirm für die angeschlagene Finanzbranche.

Aber auch den Regionen macht die Krise schwer zu schaffen. Katalonien will nun die Regierung um Finanzhilfe bitten. Über den staatlichen Hilfsfonds sollen mehr als fünf Mrd. Euro abgerufen werden, sagte eine Sprecherin der Regionalregierung der Nachrichtenagentur Reuters. "Politische Bedingungen für die Hilfe werden wir nicht akzeptieren", sagte sie. Von den 17 Regionen haben bereits Valencia und Murcia Finanzbedarf angemeldet.

In Katalonien wird etwa ein Fünftel des spanischen Bruttoinlandsproduktes erwirtschaftet. Die Region hat aber auch den höchsten Schuldenberg. Er beläuft sich auf rund 42 Mrd. Euro. Im zweiten Halbjahr muss sich Katalonien 5,755 Mrd. Euro leihen, um seinen Finanzbedarf zu decken.

Den hoch verschuldeten Regionen ist wegen der schlechten Bonität der Zugang zum Kapitalmarkt praktisch verschlossen. Die Regierung will den klammen Gebieten deshalb mit einem Fonds im Volumen von 18 Mrd. Euro unter die Arme greifen. Er speist sich zu einem Drittel aus Lottomitteln. (APA, 28.8.2012)