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Eröffnet Debatte, um "Diskussion zu beenden": NÖ-Landeshauptmann Erwin Pröll.

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Wien  - Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) fordert eine Volksabstimmung über die Zukunft des Bundesheeres und würde diese auch gerne vor der nächsten Nationalratswahl - regulärer Termin Herbst 2013 - durchgeführt sehen. Das sagt er im "Kurier"-Interview (Sonntagsausgabe). Die Abstimmung sei notwendig, um die "eigenartige Diskussion" in der Frage zu beenden und sollte "nicht zu nahe an den Wahltermin gelegt werden".

Von ÖVP-Seite war eine mögliche Volksabstimmung über die Wehrpflicht zuletzt in Zusammenhang mit dem von der ÖVP propagierten Paket für mehr direkte Demokratie ventiliert worden. Parteichef Michael Spindelegger hatte zu Anfang des Sommers erklärt, dass man eine Volksabstimmung über die Wehrpflicht zwar nicht unbedingt will, sich die Durchführung aber vorstellen kann - allerdings nur über den Weg eines Volksbegehrens, das von zehn Prozent der Wahlberechtigten unterstützt wird (wie im ÖVP-Modell vorgesehen).

NÖ laut Pröll "gegen Berufsheer"

Auf solche Details geht Pröll nicht ein. "Wenn es auf mich ankäme, hätte es zu dieser Frage schon eine Volksabstimmung gegeben", sagt er. Was die Bevölkerung in seinem Bundesland denkt, glaubt der niederösterreichische ÖVP-Chef jetzt schon zu wissen: "Sie würde dem Berufsheer eine Absage erteilen."

Auch Platter pro Abstimmung

Pröll bekam nach und nach Unterstützung von allen schwarzen Landeshauptleuten. Der Tiroler Landeshauptmann und frühere Verteidigungsminister Günther Platter (ÖVP) sagte am Sonntag Schützenhilfe: "Bei einer so wichtigen Frage wie der Beibehaltung der Wehrpflicht muss die Bevölkerung gefragt werden. Und das noch vor der Nationalratswahl", erklärte Platter in einer Aussendung.

Der Tiroler Landeshauptmann gab sich jedoch überzeugt, dass "die Österreicherinnen und Österreicher den Wert des Bundesheeres in der jetzigen Form schätzen". 

Salzburger freuen sich über "Unterstützung"

Die Salzburger ÖVP begrüßt die "Unterstützung aus Niederösterreich" in Sachen Volksabstimmung zum Thema Wehrpflicht. "(Landesparteichef, Anm.) Wilfried Haslauer war der erste, der eine Volksabstimmung gefordert hat. Umso mehr sind wir erfreut, wenn wir nun so prominente Unterstützung durch Landeshauptmann Erwin Pröll erhalten. Wir fühlen uns in unserer Ansicht bestätigt", sagte Landesgeschäftsführer Wolfgang Mayer - auch namens des zurzeit urlaubenden Haslauers - am Sonntag zur APA.

Pühringer: "Schon im Herbst möglich"

Der oberösterreichische VP-Parteichef und Landeshauptmann Josef Pühringer hält eine Volksabstimmung über die Wehrpflicht noch heuer für machbar. "Es ginge schon im Herbst", sagte er laut Vorabmeldung der Tageszeitung "Österreich" (Montagausgabe). "Frühjahr wäre auch möglich." Bei der Fragestellung möchte er der Bevölkerung klarmachen, dass ein Abschied von der Wehrpflicht auch ein Aus für den Zivildienst bedeuten würde.

Auch der Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) begrüßte die Forderung Prölls. Wallner forderte eine klare Entscheidung.

Unterstützung kam auch von Kärntens designiertem ÖVP-Landesparteichef Gabriel Obernosterer und Burgenlands VP-Chef Franz Steindl. "Bevor uns Minister Norbert Darabos das Bundesheer aber total zerstört, ist es gescheit, noch vor der Nationalratswahl eine Volksabstimmung zu machen", sagte Obernosterer am Montag. Und aus Steindls Büro hieß es, es sei schon immer klar gewesen, dass zu diesem Thema eine Volksabstimmung stattfinden solle. Auch Steindl zeigte sich aber überzeugt, "dass es im Burgenland eine Mehrheit für die Wehrpflicht gibt".

Bundes-ÖVP: Verweis auf "Demokratiepaket"

Ein Sprecher von Parteichef Michael Spindelegger verwies auf den Ministerrat am Dienstag, der allenfalls einen Rahmen für einen Kommentar abgeben könne. 

ÖVP-Generalsekretär Hannes Rauch sagte gegenüber dem „Kurier" (Montag-Ausgabe), er wolle die Volksabstimmung mit dem "Demokratiepaket" seiner Partei verbinden. Darin ist vorgesehen, dass auf ein Volksbegehren, das zehn Prozent der Wahlberechtigten unterschreiben, eine Volksabstimmung folgen muss.

Grüne pro Abstimmung

Der Sicherheitssprecher der Grünen, Peter Pilz, begrüßte in einer Aussendung, dass nun "Teile der ÖVP zur Vernunft kommen und sich nicht mehr vor einer Volksabstimmung zum Thema Wehrpflicht fürchten". Wenn die Bedingung der ÖVP ein erfolgreiches Volksbegehren sei, "dann lade ich SPÖ, ÖVP und alle anderen dazu ein, ein gemeinsames Volksbegehren zu starten", meinte Pilz. Die Volksabstimmung könne dann Anfang nächsten Jahres stattfinden. Pilz wünscht sich, dass die Wehrpflicht noch vor der nächsten Nationalratswahl abgeschafft wird.

BZÖ: "Höchste Zeit für Gesetz"

Auch für BZÖ-Bündniskoordinator Markus Fauland ist es "höchste Zeit, dass (Bundeskanzler Werner) Faymann und (Vizekanzler Michael) Spindelegger dem Parlament ein Gesetz vorlegen, über das dann die Österreicher abstimmen können". Wenn es zu einer Abstimmung über ein Aussetzen der Wehrpflicht komme, gebe es volle Unterstützung des BZÖ, um eine Volksabstimmung möglichst rasch umsetzen zu können.

Für den FPÖ-Abgeordneten Mario Kunasek ist die u.a. von Verteidigungsminister Norbert Darabos geforderte Abschaffung der Wehrpflicht dagegen "nichts anderes als ein völlig enthirnter Wahlkampfgag". "Wegen ein paar erhofften Prozent mehr bei den kommenden Wahlen riskieren Rot und Grün eine gewaltige Sicherheitslücke in Österreich." Die Abschaffung der Wehrpflicht würde auch das Ende des Katastrophenschutzes und das Ende der Katastrophenhilfe bedeuten, erklärte Kunasek.

Bundespräsident: "Erst Nationalrats-Einigung notwendig"

Bundespräsident Heinz Fischer hat am Sonntag darauf hingewiesen, dass eine Volksabstimmung nur dann möglich ist, wenn es bereits einen fertigen Gesetzestext gibt. Genau darin liege das Problem. "Das Instrument der Volksabstimmung kann nicht helfen, den Konsens über den Gesetzestext herbeizuführen." Für den Bundespräsidenten ist indes ein inhaltlicher Konsens als Voraussetzung für eine Volksabstimmung ohnehin in weiter Ferne.

Voraussetzung für eine Volksabstimmung ist also ein Gesetzesbeschluss des Nationalrats. Und hier gibt es noch einige Hindernisse zu überwinden: Die SPÖ tritt ja bekanntlich für ein Berufsheer ein, die ÖVP will die Wehrpflicht beibehalten. 

Für eine Volksabstimmung muss ein Gesetzesentwurf in den Nationalrat kommen, erläuterte Werner Zögernitz, Leiter des Instituts für Parlamentarismus, am Montag gegenüber der APA. Nach der "dritten Lesung" müsse dann ein entsprechender Beschluss gefasst werden, die Volksabstimmung werde dann vor der Unterschrift des Bundespräsidenten durchgeführt.

Automatisch stattzufinden habe eine Volksabstimmung bei einer Änderung der Grundsätze der Verfassung, was nach Zögernitz' Meinung aber beim Bundesheer nicht der Fall sein wird. Möglich ist eine Volksabstimmung auch bei einer Teiländerung der Verfassung (wenn dies ein Drittel der Abgeordneten verlangt) und bei normalen Gesetzen (hier ist ein Beschluss mit einfacher Mehrheit nötig). In jedem Fall brauche es aber einen fertigen Gesetzestext.

Volksbefragung als Alternative

Um die Meinung des Volkes zu erkunden, gäbe es auch noch andere Möglichkeiten: Bei einer Volksbefragung erkundet die Politik die Haltung der Bürger zu Gesetzen, wenn es um eine "Angelegenheit von grundsätzlicher und gesamtösterreichischer Bedeutung" geht, wie es in der Verfassung heißt. Initiieren können eine Volksbefragung die Bundesregierung oder der Nationalrat. Der Ausgang einer solchen Befragung ist im Gegensatz zur Volksabstimmung für den Gesetzgeber nicht bindend.

Ein weiteres Instrument ist das Volksbegehren: Damit können Bürger, Gruppierungen oder Parteien ihren Wunsch zu einem Gesetz deponieren. Um ein Volksbegehren einleiten zu können, braucht es die Unterschriften von einem Promille der Gesamtbevölkerung, das sind rund 8.030. Auch hier ist das Ergebnis für den Gesetzgeber nicht bindend. Bei Erreichen von mehr als 100.000 Unterschriften bzw. einem Sechstel der Stimmberechtigten dreier Länder muss das Volksbegehren allerdings im Nationalrat behandelt werden.

Faymann für baldige Volksbefragung

Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) macht Druck auf den Koalitionspartner ÖVP, das Volk bald über die Zukunft des Bundesheeres zu befragen. Als machbarstes Szenario bezeichnete er dafür laut Vorabmeldung in der Dienstag-Ausgabe des "Kurier eine Volksbefragung, bei der der Bevölkerung mehrere Modelle vorgelegt werden.

Eine Verknüpfung mit dem "Demokratiepaket" der ÖVP lehnt er weiter ab. "Wenn ich 650.000 Unterschriften dafür sammeln muss, damit ich die Leute zur Wehrpflicht befragen kann, werden sich diese denken: Was soll das?" wird er zitiert und bezog sich dabei auf das bisher von der ÖVP propagierte Szenario, ein Referendum via Volksbegehren einzuleiten. Außerdem werde es wohl bis zu einer Koalitionseinigung auf ein solches Demokratiepaket dauern, so Faymann.

Über die Zukunft des Bundesheeres dagegen solle rasch befunden werden, so der Kanzler und findet lobende Worte für den niederösterreichischen VP-Landeshauptmann, der das Thema am Wochenende aufs Tapet gebracht hatte. (APA, 27.8.2012)