Die ibero-europäische Gerüchteküche brodelt nicht. Sie kocht fast über. Drei eingeweihten Personen aus Brüsseler Kreisen zufolge soll Spanien in Verhandlungen über ein weiteres EU-Rettungspaket für seine Staatsfinanzen stehen. Das meldete die Agentur Reuters, die einer Entscheidung harrt.

Der Plan, EFSF-Mittel für Staatsanleihen-Stützkäufe einzusetzen, nehmen demnach Gestalt an. Die Europäische Zentralbank (EZB) soll in den Handel eingreifen, um die Refinanzierungskosten zu drücken. Knapp 27 Milliarden Euro muss Madrid im Oktober aufnehmen. Spanien-Spreads waren zuletzt auf ein Drei-Monats-Tief gesunken, stiegen jedoch wieder über die Marke von 500 Basispunkten.

Erwartungsgemäß folgte das offizielle Dementi der EU: "Es gibt keine Verhandlungen über zusätzliche Hilfen", bekräftigte Simon O'Connor, EU-Kommissionssprecher für Wirtschaft. Madrid wurden EU-Hilfen über 100 Milliarden Euro gewährt, die einzig der Sanierung des Finanzsektors dienen. Spaniens konservativer Premier Mariano Rajoy hatte am 3. August eine Komplettrettung nicht mehr ausgeschlossen und versprochen, "im Sinne der Spanier zu entscheiden".

Goldman Sachs erwartet jenen Schritt mit Mitte September, und die Ratingagentur Fitch kündigte an, im Falle einer Rettung Spaniens dessen Rating beizubehalten. Im Juni war jenes bei negativem Ausblick auf BBB, zwei Stufen über "spekulativ", gesenkt worden.

Während eine Troika-Delegation Madrid eine Visite abstattet, feilt man dort an einer weiteren Reform des Finanzsektors, um die Auflagen Brüssels zu erfüllen. So soll die Banco de España (BdE) und der Bankenrettungsfonds FROB, über den die EU-Bankenhilfen fließen werden, weitreichende Befugnisse erhalten. Sei es die einer Bankenrettung im Eilverfahren oder die Liquidierung von Zombiebanken. Im Falle eines Verkaufs sollen deren Käufer gar finanziell entschädigt werden. Wie die Wirtschaftszeitung Cinco Días berichtet, baumle das Damoklesschwert der Liquidierung über den verstaatlichten Instituten Novacaixagalicia, Banco de Valencia und CatalunyaCaixa.

Nachdem ein Schuldenschnitt für Vorteilsaktienbesitzer und Anleger in nachrangigen Verbindlichkeiten der Krisenbanken ausgehandelt wurde (der Standard berichtete), läuft nun die Debatte, dass Gläubiger herbe Verluste in Kauf nehmen müssen. Der FROB soll, wie El País berichtet, eine totale oder teilweise Annullierung jener Anlageformen einfordern dürfen. Vizeregierungschefin Soraya Sáenz de Santamaría erklärte, man brauche "eine Woche zusätzliche Zeit, um die Situation des Finanzsektors zu prüfen".

Portugal im Spar-Dilemma

Portugal, das in einem ähnlichen Dilemma wie Griechenland steckt und seinen Finanzbedarf nur kaum am Kapitalmarkt decken kann, bekommt zwei Wochen lang Besuch von EU, IWF und EZB. Beobachter gehen davon aus, das Land könnte schon bald dazu gezwungen sein, ein neues Rettungspaket zu beantragen - zusätzlich zu den bisher vereinbarten 78 Milliarden Euro, weil der strenge Weg des Sparens auch die Wirtschaftsflaute verstärkt hatte. (Jan Marot, DER STANDARD; 25.8.2012)