Nicolas Sarkozy mischt aus dem Hintergrund sowohl die Regierung als auch die Rechtsopposition auf, ohne freilich - zumindest vorerst - persönlich in Erscheinung zu treten.
Das französische Internetklatschportal Pipole.net muss es ja wissen. "Sie kennt ihren Nicolas", legt es der ehemaligen First Lady Carla Bruni in den Mund. "Sie weiß, dass er - was immer er gesagt haben mag - nur für die Politik lebt. Heute hat sie Angst, dass er sich langweilt, und dabei ist sie nicht die Einzige."
Noch verlebt das ehemalige Präsidentenpaar stille Tage in der Luxusvilla der Brunis am Cap Nègre an der Côte d'Azur. Sarkozy tut so, als lebe er Lichtjahre von der Politik entfernt, so wie es sich für Altpräsidenten geziemt.
In Nizza hat sich am Freitag allerdings ein "Verein der Freunde von Nicolas Sarkozy" getroffen. Gründungsmitglieder sind Exminister und andere Getreue des Exstaatschefs. Sarkozy soll dem Vernehmen nach nicht darunter sein, zumindest vorerst. Doch er hat es gar nicht nötig, persönlich in Erscheinung zu treten.
Expräsident plant Comeback
"Sarkozy ist in allen Köpfen", schreibt Lucien Pambou, einer von tausenden Stadträten der konservativen Union für eine Volksbewegung (UMP) in seinem Blog. 53 Prozent der UMP-Mitglieder halten schon heute ihr Exidol für den besten Rechtskandidaten bei den Präsidentschaftswahlen im Jahr 2017. Diese Umfrage wurde in Hinblick auf den UMP-Kongress im Herbst erstellt.
Im Vorfeld liefern sich der aktuelle Sekretär Jean-François Copé und Expremierminister François Fillon einen harten Zweikampf um den Parteivorsitz, der als Sprungbrett für die Präsidentschaftskandidatur gilt. Sarkozy bewirbt sich nicht - er hat seine Niederlage gegen den Sozialisten François Hollande noch nicht verdaut und zeigt sich nicht vor TV-Kameras. Freunden gegenüber soll er immerhin erklärt haben: "In einem Jahr werden mich die Franzosen wieder anbeten."
Diesen Moment gilt es vorzubereiten. "Er ruft ständig seine Freunde und Vertrauten an", plauderte ein Weggefährte anonym aus. Im August unterhielt sich Sarkozy etwa mit Abdel-Basset Sieda, einem Anführer der syrischen Opposition. Und konnte nicht länger den Mund halten: In einem Kommuniqué warf er Hollande unverblümt Passivität gegenüber dem syrischen Präsidenten Bashar al-Assad vor und sprach von "großen Ähnlichkeiten mit der libyschen Krise", deren militärische Lösung er für sich in Anspruch genommen hatte.
Die Sozialisten erinnerten zwar daran, dass Sarkozy Assad während seiner Amtszeit zweimal in Paris empfangen hatte. Doch die Attacke des Expräsidenten trifft einen wunden Punkt Hollandes, der von vielen Seiten der Passivität auch in der Innen- und Wirtschaftspolitik gerügt wird und in den Umfragen an Boden verliert.
Ganz offensichtlich wittert Sarkozy eine Chance, den betont "normalen" Auftritt Hollandes - eine bewusste Reaktion auf die nervöse Amtsführung seines Vorgängers - gegen diesen zu kehren und sich als den großen Reformer in Erinnerung zu rufen, der er in Wirklichkeit gar nie war.
Freundschaftsverein
Wie weit Sarkozy seinen Freundschaftsverein lanciert hat, ist nicht bekannt. Ehemalige Vertraute wie Nadine Morano, Claude Guéant, Christian Estrosi oder Eric Woerth hatten Grund genug, die Initiative von sich aus zu ergreifen, da sie ohne ihren Polit-Guru zweifellos in der politischen Versenkung verschwänden.
Die Anziehungskraft Sarkozys bleibt in seinem Lager immerhin so groß, dass sich das gesamte UMP-Establishment nach Nizza bemühen muss. Nur Fillon fehlt wegen eines Beinbruchs. Er distanziert sich vorsichtig von seinem früheren Mentor, indem er von sich sagt, er trete "gelassener und pragmatischer" an. Sein Rivale Copé wird beim Treffen der Sarkozy-Freunde erscheinen. Am Sonntag will er aber seine Wiederkandidatur für den UMP-Chefposten ankündigen, in der Annahme, dass Sarkozy nicht selbst in die Polit-Arena zurückkehrt. Zumindest Carla Bruni scheint da anderer Ansicht zu sein. (Stefan Brändle aus Paris /DER STANDARD, 25.8.2012)