Im Vinziport, einem Obdachlosenheim für EU-Bürger, wird jeden Abend von Freiwilligen gekocht.
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90 obdachlose EU-Bürger haben pro Nacht Platz in der Notschlafstelle
Vinziport im 14. Wiener Gemeindebezirk. Hier bekommen sie ein warmes
Abendessen, einen Schlafplatz und können sich waschen. Möglich ist das
durch gut 20 Ehrenamtliche, die hier als Köche, Rezeptionisten,
Nachtportiere und Fahrer mithelfen.
Obwohl die Notschlafstelle erst um 18 Uhr öffnet, steht schon am Nachmittag fest, dass das Haus voll ist. "Rund die Hälfte der Leute bleibt mehrere Wochen hier", sagt Obfrau Elisabeth Barton. Seit der Eröffnung im November 2010 war die Schlafstelle immer komplett ausgelastet.
Hier gibt es einen Männer- und einen Frauenschlafsaal. Die Unterkunft bietet Platz für 80 Männer und zehn Frauen, Dauergäste richten sich wohnlich ein.
Die Terrasse ist der einzige Ort im Haus, an dem geraucht werden darf. "So eine Einrichtung kann nur mit strengen Regeln funktionieren", sagt Elisabeth Barton. Die meisten Gäste kommen aus Rumänien, Polen, Bulgarien und Ungarn. Um einen symbolischen Euro dürfen sie hier die Nacht verbringen.
Der Speisesaal: Hier wird in den verschiedensten Sprachen miteinander kommuniziert. Deutsch können nur die wenigsten. "Natürlich gibt es Sprachbarrieren, aber irgendwie hat die Kommunikation bisher trotzdem immer funktioniert", sagt die Obfrau des Vinziport. Was aber momentan nicht funktioniert, ist der Fernseher: Vor einem Monat gab er den Geist auf, und für eine Reparatur ist derzeit kein Geld da. "Das war während der Olympischen Spiele eine Katastrophe für die Männer", sagt Barton.
Jeden Abend wird im Vinziport für die Obdachlosen eine warme Mahlzeit zubereitet. Was gekocht wird, hängt davon ab, welche Lebensmittelspenden die Notschlafstelle erhalten hat. Eingekauft wird nichts.
Heute ist viel Kreativität von den ehrenamtlichen Köchinnen gefordert: Es wurden unzählige Packungen Toast geliefert. Außerdem gibt es Flüssigei aus dem Tetrapack und viel Paprika.
An die Arbeit: Sandra Lenz, die Leiterin des Vinziport, zeigt einer neuen ehrenamtlichen Mitarbeiterin, wie man 90 hungrige Mäuler stopft."Heute gibt es schnelle Küche", sagt sie.
Man fülle zwei Töpfe bis oben hin mit flüssigem Ei an, gebe 16 klein gehackte Kugeln Mozzarella, elf geschnittene Paprika und sechs Packungen Speckwürfel dazu und rühre gut um.
"Was beim Kochen zu Hause eine Prise Salz ist, ist hier eine Handvoll", erklärt Sandra Lenz. Sie ist an große Mengen gewöhnt: Für 90 Menschen braucht sie beim Kochen mindestens acht Kilo Nudeln oder 15 Kilo Kartoffeln. Das Aufwendigste, das Lenz für die 90 Gäste hier jemals gekocht hat, war übrigens ein Fisolengulasch: "Ich habe vier Stunden für das Putzen der Fisolen gebraucht."
Auch zu Weihnachten gibt sie sich für die Menschen hier viel Mühe:
"Letztes Jahr gab es einen Zehn-Kilo-Braten, selbst gemachte Spätzle und
gedünstete Karotten."
Obfrau Elisabeth Barton hat ihre ehrenamtliche Tätigkeit ebenfalls in der Küche des Vinziport begonnen: "Das Kochen hier ist eine ausnehmend kreative Tätigkeit", sagt sie. Heute hat sie schon fünf neue Freiwillige durch das Haus geführt: "Wir können immer neue Ehrenamtliche brauchen." Besonders Fahrer, die die Lebensmittelspenden untertags abholen und zum Vinziport bringen können, werden nach wie vor dringend gesucht.
Die erste Hälfte der Eierspeise wird mit vereinten Kräften in den Ofen gegeben. Ab 18 Uhr kommen die Gäste für die Nacht. "Für viele der Menschen hier ist das Abendessen die einzige Mahlzeit am Tag", sagt Sandra Lenz.
Fertig! Nach dem Abendessen ist noch Zeit für die Gäste, sich mit den Ehrenamtlichen zu unterhalten: "Wir sind Sozialarbeiter, Psychologen und Freunde in einem", sagt ein Mitarbeiter. Um 22 Uhr gehen die Lichter aus. Am nächsten Morgen müssen die Gäste um 7 Uhr den Vinziport dann bis zum Abend wieder verlassen. (Franziska Zoidl, derStandard.at, 24.8.2012)