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Die Wahrscheinlichkeit, dass das Erbmaterial der Eizellen Auffälligkeiten zeigt, steigt mit dem Alter der Frauen.

Foto: APA/Ralf Hirschberger

Das Einfrieren von Eizellen ist gerechtfertigt, um jungen Krebspatientinnen nach Abschluss der Therapie eine Schwangerschaft zu ermöglichen. Aber die Erfolgsraten sind vor allem bei Frauen über 35 Jahren zu niedrig, um die Kältekonservierung als Instrument der Familienplanung einzusetzen.

Jungen Krebspatientinnen werden vor Bestrahlung und Chemotherapie häufig Eizellen entnommen und tief gefroren. Nach Beendigung der Krebstherapie können Sie zu einem geeigneten Zeitpunkt aufgetaut, befruchtet und in die Gebärmutter eingesetzt werden. Dadurch soll es den Frauen ermöglicht werden, nach der Genesung schwanger zu werden ohne Furcht, dass das Kind durch die Krebsbehandlung genetisch geschädigt sein könnte.

Keine medizinische Indikation

Immer häufiger bitten auch gesunde Frauen darum, ihre Eizellen einfrieren zu lassen. Ihre Absicht ist es, sich die Option auf eine spätere Schwangerschaft offen zu lassen, während sie in der aktuellen Lebensphase wegen fehlenden Partners, konkurrierender Karrierepläne, wirtschaftlicher Engpässe oder aus anderen Gründen kein Kind bekommen wollen. Das Einfrieren von Eizellen aus nicht-medizinischen Gründen wird im angloamerikanischen Sprachraum „social freezing" genannt. Das Durchschnittsalter der Frauen, die mit dem Wunsch nach „social freezing" in die Kinderwunschsprechstunde kommen, liegt bei 38 Jahren, wie der Hamburger Gynäkologe Frank Nawroth erläutert.

Damit sind allerdings die Erfolgschancen für eine spätere Schwangerschaft denkbar schlecht: Statistisch müssen zehn bis 15 Eizellen aus dem Eierstock entnommen, gefroren, aufgetaut, befruchtet und in die Gebärmutter eingepflanzt werden, bis es zu einer erfolgreich beendeten Schwangerschaft kommt. Doch übersteht nur jede dritte Eizelle, die von einer 38jährigen Frau entnommen wird, den Auftauprozess unbeschadet. Eizellen, die von 25-jährigen Frauen entnommen wurden, sind nach dem Auftauen fast zu 100 Prozent intakt. 

Belastende Prozedur

Außerdem steigt mit dem Alter - unabhängig vom Überleben nach dem Einfrieren - die Wahrscheinlichkeit, dass das Erbmaterial der Eizellen auffällig wird. Von Frauen über 35 Jahre müssten also noch viel mehr Eizellen entnommen werden, damit die Chance auf eine glückliche Schwangerschaft einigermaßen realistisch wird - eine sehr anstrengende und belastende Prozedur. Eine Zeitlang erhoffte sich die Fortpflanzungsmedizin Fortschritte durch ein besonders schnelles Einfrierverfahren. Die Implantationsraten pro aufgetauter Eizelle konnten danach tatsächlich gebessert werden - allerdings nur um 10 Prozent, von 7 Prozent nach normalem Einfrieren auf 7,7 Prozent nach dem Schockfrost-Verfahren. Nach neueren Untersuchungen sind mittlerweile etwa 10Prozent erreichbar.

Wenn die Eizellen erst jenseits des 40. Lebensjahres befruchtet und wieder in die Gebärmutter eingesetzt werden, sinkt zu dem die Chance, dass die Schwangerschaft ohne Komplikationen mit der Geburt eines gesunden Kindes endet: Das Risiko für Frühgeburten, niedriges Geburtsgewicht, Schwangerschaftsdiabetes und Bluthochdruck der Mutter nimmt - auch ohne künstliche Befruchtung - mit steigendem Alter deutlich zu.

Das Tiefgefrieren und Auftauen von Eizellen ist in der Fortpflanzungsmedizin bis heute kein Routineverfahren. Deshalb sollte es nur an Zentren mit besonders hoher Erfahrung und wissenschaftlichem Know-how durchgeführt werden. Diese Zentren haben sich in Deutschland im „Fertiprotekt"-Netzwerk zusammengeschlossen, in dem diese Behandlungen wissenschaftlich dokumentiert und ausgewertet werden. Man hofft, durch die Erkenntnisse aus diesen Auswertungen die Chancen für diese Verfahren in Zukunft verbessern zu können. Gegen die biologische Uhr hat die Wissenschaft allerdings trotz aller Anstrengungen nur sehr begrenzte Möglichkeiten. (red, derStandard.at, 24.8.2012)