Scholle Österreich: Karl-Heinz Grasser (rechts) plaudert im Jahr des Dorotheum-Verkaufs beim "Soravia-Kirtag" mit dem später siegreichen Bieter und Gastgeber Erwin Soravia.

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Mit ihm im Konsortium waren Investor Michael Tojner...

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...und der spätere "Krone"-Chefredakteur Christoph Dichand. Elf Jahre später deckt der Rechnungshof erhebliche Ungereimtheiten auf.

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Die Zufälle rund um den Verkauf der Bundeswohnungen Buwog sind schon lange Thema strafrechtlicher und parlamentarischer Ermittlungen. Nun tritt auch beim Verkauf des Dorotheums im Jahr 2001, abgewickelt von der Staatsholding ÖIAG unter Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser, Erstaunliches zu Tage. Der Rechnungshof legt nahe, dass das "Pfandl" zu billig verkauft wurde, die Republik wegen eines steuerrechtlichen Entgegenkommens zudem um 16 Millionen Euro umfiel.

Das ist gleich aus mehreren Gründen brisant: Einerseits prüft die Staatsanwaltschaft im Fall Dorotheum den Verdacht, dass der Verkauf von Provisionsflüssen begleitet worden sein könnte, wenngleich ein bereits abgewickelter Prozess einen Freispruch für einen Ex-Manager brachte. Andererseits finden sich im Konsortium mit Christoph, Eva und Johanna Dichand gleich drei Familienmitglieder des "Krone"- und "Heute"-Clans, dessen Einfluss auf die österreichische Medienlandschaft beträchtlich ist. Zudem gelten neben den Dichands die ebenfalls maßgeblich am Dorotheum beteiligten Soravia-Brüder Erwin und Hanno als Personen mit gutem Draht zu Grasser.

Wenngleich sich strafrechtlich relevante Vorwürfe derzeit nicht erhärten lassen, sieht der Rechnungshof wirtschaftliche Nachteile aus dem Verkauf für die Republik. Der Verkaufspreis von rund 70 Millionen Euro sei deutlich unter den Erwartungen der Investmentbank geblieben. Und: Schon der Verkauf von acht der zum Pfandl zählenden 13 Immobilien im Juli 2002 ermöglichte den Erwerbern, 57,3 Prozent des Kaufpreises innerhalb weniger Monate hereinzuspielen. Nach dem Verkauf um 42,1 Millionen Euro wurden die Gebäude 2007 und 2008 um 64,18 Millionen wieder zurückgekauft.

Dabei kommt die erwähnte Steuerkonstruktion ins Spiel: Dichand/Soravia wollten eine rückwirkende Umgründung des Unternehmens von einer GmbH in eine Personengesellschaft. Der Rechnungshof schätzt den daraus resultierenden Steuervorteil, der vor allem aus den stillen Reserven der Immobilien resultiert, für die späteren Eigentümer auf 16,9 Millionen Euro. Die staatlichen Prüfer bemängeln, dass sich dieses Entgegenkommen "keinen nachvollziehbaren Niederschlag im Kaufpreis" gefunden habe.

Schweigen über Steuerbonus

Zudem sei damit das gesetzlich fixierte Kriterium verfehlt worden, wonach die Privatisierungen "unter Berücksichtigung der Interessen des Bundes" durchzuführen seien. Das Finanzministerium wurde von den damals amtierenden Vorständen Johannes Ditz und Peter Michaelis auch nicht informiert. Selbst der Aufsichtsrat erfuhr erst im September 2001 anlässlich der Zuschlagserteilung von der Umgründung.

Die ÖIAG verteidigt das Vorgehen: Man habe nicht wissen können, dass die neuen Eigentümer die Gebäude schon 2002 verkaufen würden. Zudem wird eine Erhöhung des Kaufpreises um 3,57 Millionen angeführt, die auf den Steuerbonus zurückzuführen sei.

Weitere Kritikpunkte: Die Kosten für die eingeschaltete Investmentbank UBS Warburg seien mit 2,76 Prozent des Erlöses "unverhältnismäßig hoch" ausgefallen. Prämienzahlungen an zwei Manager des Dorotheums von 320.000 Euro hält der Rechnungshof für entbehrlich, weil ihre Mitwirkungspflicht am Verkauf ohnehin bestanden habe. Zudem orten die Prüfer zahlreiche Dokumentationslücken, insbesondere in der Evaluierung der Angebote durch die Investmentbank. Kriterien für die Reihung der Gebote lagen ebenso wenig vor wie Gründe für das Ausscheiden von Offerten.

Grünen-Abgeordnete Gabriela Moser spricht angesichts des Berichts von einer "fast kriminellen Privatisierung". Thema im Korruptionsausschuss könne der Fall aber nicht mehr werden. (as, DER STANDARD, 24.8.2012)