Ja, der Wahlkampf hat begonnen, eine viel zu lange Legislaturperiode nähert sich zähflüssig ihrem herbeigesehnten Ende. Doch Freude darüber will sich nicht einstellen. Denn was sich für die Zukunft abzeichnet, verheißt nichts Gutes, jedenfalls nichts Besseres. Die Koalitionsparteien - mut- und ratlos bis nicht vorhanden. Was wohl aus Fritz Faymann geworden sein mag? Oder heißt er Franz? Soll irgendwas mit Inseraten zu tun haben, und gelegentlich murmelt er etwas von sozialer Gerechtigkeit. Er kann jedenfalls den Ruhm beanspruchen, den unauffälligsten Bundeskanzler der Zweiten Republik zu geben, wozu in pfiffiger Planung schon der Grundstein gelegt wurde, als er alle wichtigen Regierungsressorts der ÖVP überließ. Seine Frau hat sich neulich den Knöchel gebrochen. Wenn das kein Omen ist!

Und diese Kühnheit, mit der sein Vize nun das Steuer seiner Partei herumgerissen hat! Schon sein ethischer Trachtenauftritt ist der Nation ans Herz gegangen, aber einen kulturbewussten Diplomaten nach Kärnten zu entsorgen und durch einen steirischen Passepartout zu ersetzen, wird die kleine Welt der Gebrüder Scheuch nicht minder beeindrucken als die große weite Welt, von den Wählern ganz abgesehen. Die Koalition kann den Dingen, die da kommen, also wohl präpariert ins Auge sehen.

Noch ist der Korruptionssumpf der Ära Schüssel/Haider lange nicht trockengelegt, droht sich ein frischer demokratiepolitischer Sumpf auszubreiten, als ob die abgestandenen Sümpfe, von SPÖ und ÖVP eher ängstlich umgangen denn irgendwie eingedämmt, nicht Schande genug wären. Da darf die Scheuch-Partie ohne ernsthafte Behinderung durch ein Organ der Republik eine Taktik der Machterhaltung betreiben, die genährt ist vom Geist vergangener Machtergreifungen - die Aushebelung der Demokratie unter Missbrauch der Geschäftsordnung -, unterstützt von einer Marionette, betitelt Landeshauptmann. Da stellt sich die FPÖ mit antisemitischen Karikaturen ein und erteilt sich einen Freibrief mit der höhnischen Bemerkung, der Antisemitismus liege eben im Auge des Betrachters. Ein sogenannter Bildungssprecher der Partei empört sich in einer Anfrage an die Unterrichtsministerin darüber, dass Schulkinder den Buchstaben Ü auch üben müssen, wenn er in türkischen Worten vorkommt.

Altbekannt, leider. Von neuer Qualität ist die Figur, vor der die Koalitionsparteien buckeln, weil sie resolut den Gönner spielt, wo sie bisher von Österreichs Steuerzahlern nahm. Frank Stronachs Maxime, "Wer das Gold hat, macht die Regeln" ist ein Schlag ins Gesicht der Demokratie. "Ich nehme mein Geld, um das System zu ändern", leugnet er nicht einmal sein System des Einsammelns politischer Zwielichter aus anderen Parteien. Aber nur wenigen ist es gelungen, "das System" derart für seinen Vorteil zu nutzen wie ihm, weshalb die Ankündigung, er wolle es ändern, schon deshalb nur eine Wählertäuschung sein kann, geboren, noch ehe seine ungeborene Partei sie ins ungeschriebene Programm nehmen kann.

Wie man diese Regierung kennt, wird sie im Wahlkampf eher Stronachs Anti-EU-Linie übernehmen als den Plutokraten vorführen. Na, viel Erfolg! (Günter Traxler, DER STANDARD, 24.8.2012)