Wenn die US-Republikaner Mitt Romney und Paul Ryan noch eine Chance haben, trotz schlechten Wahlkampfs und eines konfusen Programms das Weiße Haus zu erreichen, dann eine: dass der massive Spendenfluss zu ihm nahestehenden Organisationen es ihm ermöglicht, mit einer Flut von Werbespots die Barack Obama gewogene Stimmung in den Schlüsselstaaten wie Ohio, Virginia und Florida umzudrehen. Kurz gesagt: sich die amerikanische Präsidentschaftswahl zu kaufen.

Eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom Jänner 2010 hat dies ermöglicht: In "Citizens United" hat die konservative Mehrheit im Höchstgericht Jahrzehnte der Bemühungen, die Wahlkampffinanzierung transparent und fair zu machen, aus dem Fenster geworfen und unbegrenzte anonyme Spenden an Organisationen ermöglicht, die alles tun dürfen, außer sich formell mit dem Kandidaten absprechen. Aber als Hilfstruppen eines Wahlkampfs können solche Super-PACs Wunder wirken.

2008 lag Obama beim Spendensammeln noch deutlich vor John McCain und verzichtete daher auf öffentliche Wahlkampffinanzierung. Diesmal aber hat Romney die Nase voran, auch weil es sehr viele reiche Amerikaner gibt, die sich von seiner Präsidentschaft persönliche finanzielle Vorteile erwarten.

Derzeit schaut es so aus, als ob alles Geld der Welt Romney nicht zum nächsten Präsidenten machen wird. Die Wahl des Radikalideologen Paul Ryan als Vize ist unpopulär oder zumindest sehr riskant, und die ausgebrochene Debatte über Vergewaltigung und Abtreibung schadet den Republikanern immens. Die Wirtschaftslage bleibt schlecht, aber die US-Wirtschaft wächst allmählich, und die meisten Amerikaner spüren das.

Aber umso mehr wird der 6. November der große Test, ob Amerika eine Demokratie oder Plutokratie ist. Ein Romney-Sieg wäre schon allein deshalb ein katastrophales Signal für die ganze Welt. Denn die Trennung von Geld und Macht ist die Grundlage unseres liberalen demokratischen Systems: Weder regieren die Reichen, noch können sich die Regierenden deutlich bereichern.

In Südamerika ist das oft anders, wo Geld sich Macht kauft, ebenso in Russland, wo Macht zu Geld gemacht wird. Was wir in Österreich hier in der Ära Schwarz-Blau erlebt haben, war ein Ausrutscher, aber kein grundlegender Systemwechsel.

Umso spannender wird es sein, die Erfolge und Misserfolge von Frank Stronach in den kommenden Monaten zu beobachten. Der Milliardär will mit einer neuen Partei in den Nationalrat und sogar Bundeskanzler werden. Er hat kein Programm, kein Charisma und keinen Anflug politischer Führungsqualitäten. Er hat bloß einen bekannten Namen und sehr, sehr viel Geld.

Ich bin überzeugt, dass Stronach scheitern wird. In Österreich konnte bisher nur der Boulevard politischen Abenteurern zu Wahlerfolgen verhelfen - siehe Hans-Peter Martin durch die "Krone". Mit Geld kann man sich viel Werbung und auch so manchen Mitstreiter erkaufen. Aber Geld stößt Wähler auch ab - in Österreich noch mehr als in den USA.

Sollte Stronach allerdings jenen Erfolg erzielen, den ihm manche Experten in Aussicht stellen, dann hat Österreich ein echtes Problem. Dann hätte unsere Politik ein Niveau der Korruption erreicht, das weit über jene Vorfälle hinausgeht, die derzeit im Untersuchungsausschuss und den Gerichten verhandelt werden.

Schon allein deshalb muss man ausrufen: Bewahre uns vor Stronach! (Eric Frey, derStandard.at, 23.8.2012)