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Zwischen fünf und 30 Prozent aller Betroffenen leiden nach einer Magen-Darm-Infektionen noch langfristig an den Symptomen.

Bei vielen Patienten bleibt die Ursache für das Reizdarmsyndrom (RDS) ein Rätsel. Neue Studien legen jedoch nahe, dass bei etwa einem Drittel aller Betroffenen eine akute Infektion des Magen-Darm-Traktes die Wurzel des Übels ist. Im Namen der United European Gastroenterology (UEG), dem Dachverband der europäischen Fachgesellschaften für Gastroenterologie, erklärt Paul Enck von der Universität Tübingen, dass Patienten, die im Anschluss an eine Darminfektion das Reizdarmsyndrom entwickeln, viele Jahre unter den Symptomen leiden können.

Die Suche geht weiter

Studien, in deren Rahmen eine große Anzahl von Patienten nach bakteriellen, viralen oder parasitären Magen-Darm-Infektionen beobachtet wurden, haben gezeigt, dass zwischen fünf und 30 Prozent aller Betroffenen auf lange Sicht die Symptome beibehalten. In einigen Fällen hielten sich die Symptome über eine Dauer von zehn Jahren und mehr. Die Häufigkeit scheint dabei nach epidemischen Infektionen höher als nach sporadischen zu sein. Paul Enck gibt jedoch zu bedenken, dass es sich hier auch um eine Verzerrung der Daten aufgrund von unverhältnismäßig häufigen Meldungen bei größeren Krankheitsausbrüchen handeln kann. Die Suche nach Faktoren, die eine Vorhersage ermöglichen, welche Patienten Symptome beibehalten und bei welchen es zum postinfektiösen RDS kommen wird, geht also weiter.

Frauen und jüngere Menschen häufiger betroffen

"Bis jetzt wissen wir, dass Frauen, jüngere Menschen sowie Patienten, die eine schwerwiegendere Anfangsinfektion erleiden, eher zur Bildung des postinfektiösen Reizdarmsyndroms neigen", erklärt der Mediziner. "Außerdem glauben wir, dass sich die psychische Verfassung der Patienten darauf auswirkt, wie gut sie sich von der Ausgangsinfektion und ihren Symptomen erholen. Natürlich spielen wahrscheinlich auch genetische Faktoren eine Rolle, doch dies wurde bisher nicht bestätigt."

Kein Nachweis für Wirkung der Behandlungsmethoden

Laut Enck darf sich die Behandlung des Reizdarmsyndroms im Anschluss an Infektionen nicht ausschließlich auf eine Behandlung der akuten RDS-Symptome konzentrieren. Hingegen sollte auch der Beständigkeit der Symptome während und unmittelbar nach einer Magen-Darm-Infektion vorgebeugt werden. Das lässt sich seiner Meinung nach durch eine anfänglich aggressivere  Arzneimittelbehandlung der Magen-Darm-Infektion, die Wiederherstellung des normalen Darmmilieus (beispielsweise mit Probiotika5) oder die Entwicklung besserer Bewältigungsstrategien einschließlich ernährungswissenschaftlicher oder psychologischer Hilfe erreichen. "All diese Ansätze können möglicherweise die langfristigen Ergebnisse nach einer akuten Magen-Darm-Infektion verbessern und die Häufigkeit des postinfektiösen Reizdarmsyndroms verringern. Doch sind derartige positive Wirkungen noch nachzuweisen", so das Resümee des Mediziners. (red, derStandard.at, 22.8.2012)