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Aufstrebende Wissenschaftsnationen wie China werden in Forschungs-Hitlisten oft unterbelichtet. Eltern von Studienanfängern übernachten in der Turnhalle einer Uni in Wuhan, Provinz Hubei.

Foto: REUTERS

Zunächst sei festgehalten, dass ich Kollegen Josef Smolle mit seiner Schlussfolgerung, wonach eine ausreichende finanzielle Dotation der Wissenschaft und entsprechende Wertschätzung der wissenschaftlichen Leistung in Österreich künftig sehr notwendig sein werden, nur unterstützen kann.

Es sei mir aber erlaubt, darauf hinzuweisen, dass das Shanghai-Ranking völlig unbrauchbar ist, weil es nur Universitäten aufnimmt, die in ihrer Geschichte bereits einen Nobelpreisträger hervorgebracht haben. Uni Linz oder auch Wifo oder das Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche: alle Pech gehabt, denn auch Thinktanks oder Akademien der Wissenschaften gibt es für "Shanghai" nicht.

Verlassen wir Europäer uns also auf unsere Ressourcen und globalen Rankings. Hier unterscheidet sich meine Einschätzung im Detail dann doch stark vom Kollegen Smolle.

Ein Index ist so gut oder so schlecht wie die Datenbank, die die Publikationen der Wissenschafter bewertet. Seit 2004 ist das europäische Hochtechnologie-Produkt "Scopus" (Elsevier) auf dem Markt, dessen Erfassung des in Zeitschriften publizierten Schrifttums der Welt das von Schanghai noch immer verwendete "Web of Knowledge" (WoK, Thomson Reuters) bei weitem in den Schatten stellt.

Für die Sozial- und Geisteswissenschaften wären überhaupt bibliometrische Methoden der Messung der internationalen Bibliothekspräsenz von Büchern mit dem offen zugänglichen System " Worldcat Identities" besser angebracht, um Leistungen objektiver zu bewerten. Sozial- und Geisteswissenschafter schreiben halt vorwiegend Bücher und nicht (nur) Zeitschriftenartikel.

Das WoK kennt etwa weltweit nur 11.739 Zeitschriften, davon sind 4232 - also 36 Prozent - in den USA beheimatet. Scopus hingegen erfasst 18.854 Zeitschriften aller Disziplinen, schon 70 Prozent werden außerhalb der USA publiziert. Aufstrebende Wissenschaftsnationen in Europas Osten und in den Brics-Staaten sind im WoK notorisch unterbelichtet, Zeitschriften aus der muslimischen Welt kennt das System kaum oder gar nicht.

Wahre globale Rangskala

SCImago Institutions Rankings (SIR), das europäische globale Universitäts-Ranking, das seinen Ausgang in Spanien nahm, nutzt nun Scopus, um ein erstes wirklich konsistentes, globales Universitäts-Ranking zu erzielen. Dieses Vorhaben ist eine echte europäische Pionierleistung. SIR inkludiert nicht nur Universitäten, sondern auch Thinktanks und Akademien; 2011 führt die weltweite Rangliste, die Publikationen, internationale Kooperationen und den Impact der Forschungsprodukte gewichtet, das französische Centre National de la Recherche Scientifique an, gefolgt von der Chinesischen Akademie der Wissenschaften, der russischen Akademie der Wissenschaften, der Harvard University und der Max-Planck-Gesellschaft. Das ist also die wahre internationale Rangskala der globalen Wissenschaft. Europa kann auf solche Leistungen wahrlich stolz sein.

Auch Österreichs Abschneiden ist nach SIR besser als von den meisten erwartet; die Medizin-Uni Wien führt mit Rang 324, gefolgt von der Wiener Alma Mater (344). Zu Optimismus Anlass gibt auch, dass die meisten Indikatoren für die österreichischen Einrichtungen nach oben zeigen. Hier bin ich in der Diagnose ganz bei Kollegen Smolle; mit dem Unterschied freilich, dass auch unsere kleineren Unis ohne Nobelpreise Beachtliches leisten.

Der an der University of Sydney beheimatete Thinktank Universitas 21 hat basierend auf SIR die Leistungen der Universitäten der Welt weiter ausgewertet und dabei auch Indikatoren wie vorhandene Ressourcen, wissenschaftlichen Output, Impact, internationale Kooperationen etc. berücksichtigt. Das erfreuliche Resultat für Österreich lautet: Rang 12 von 48 gereihten Staaten. Solche Fakten und nicht der Wink der Wissenschafts-Cäsaren aus Schanghai sollten unsere wissenschaftspolitische Debatte leiten - auch unter den schwierigen Bedingungen der weltwirtschaftlichen Krise. (Arno Tausch, DER STANDARD, 22.8.2012)