Das österreichische Serienpublikum konnte nicht davon ausgehen, dass es nach Weißkittel-Epen wie Emergency Room, Grünkittel-Epen wie Grey's Anatomy oder Buntkittel-Epen wie Private Practice noch einmal krankenhausreif werden würde. Aber so geschah es.

Mit Nurse Jackie hat eine Dame die Bühne betreten, die mit kühlem Kopf den Schauplatz Notaufnahme wieder ansehnlich machte: jenseits von Liebesaffären, die jeweils den gesamten Personalstand miteinbeziehen, und jenseits von Stromschlägen gegen das Hinscheiden im Minutentakt. Auch das All Saints Hospital in New York ist ein Sammelbecken ausgeprägter Individuen. Doch hier genügt ein Milzriss, um den Anforderungen der Berufsgruppe Rechnung zu tragen.

 

Foto: ORF/TELE-München/Giovanni Rufino

Wie erfreulich, dass der ORF ein Einsehen hatte und die Serie am mittleren Spätabend montags ins Programm nahm. Meist um 22.40 Uhr, aber auch um 21 Uhr. Helle Freude! Das Ganze rutscht nun durch die (eher unnötige) Doppelfolge der Desperate Housewives noch weiter zurück, sodass wir Schwester Jackie neuerdings erst um halb zwölf zu Gesicht bekommen.

Da müsste man es dann schon fast der Titelheldin gleichtun und so etwas wie Wachhaltepillen schlucken. Allerdings wäre dann auch ein Apotheker als Lover vonnöten, und verkomplizieren wollen wir das ja nicht. Das Gute ist, dass Jackie (Edie Falco) und ihre Kunst, die Lippen zu einem langen, deprimierten Linienmund zu ziehen, auch im Dämmerzustand ihre Wirkung nicht verfehlen. Und erst, wenn Dr. Cooper (hier übrigens der einzige Mann in einer Leitungsposition) als Busengrapscher überführt ist, hat man wirklich genug gesehen. (Margarete Affenzeller, DER STANDARD, 22.8.2012)

Foto: ORF/TELE-München/Giovanni Rufino