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"Parteigründer gehören zu einer besonderen Spezies an Querulanten"

Foto: APA/Schlager

STANDARD: Wie viele Stimmen wird Stronach FPÖ und BZÖ kosten?

Höbelt: Vor allem kostet er Nichtwähler. Aber klar: Unzufriedene bürgerliche Wähler sind aufseiten von FPÖ und BZÖ.

STANDARD: Was wird er den beiden abnehmen?

Höbelt: Gar nichts. Er wird ein Lugner-Schicksal erleiden.

STANDARD: Sie trauen ihm also den Einzug ins Parlament nicht zu?

Höbelt: Nein, weil ich die Kombination nicht sehe. Wäre Österreich Deutschland, und es würde von uns abhängen, ob es diese Euroschirme gibt, könnte man von Parteien absehen. Eine Volksbewegung, angeführt von Stronach und der Kronen Zeitung, hätte vielleicht Erfolg. Aber die Leute wissen: Solche Entscheidungen hängen nicht von Österreich ab.

STANDARD: Die EU-Kritik ist ein Asset der FPÖ. Das zieht Wähler an.

Höbelt: Natürlich. Aber es betrifft das wohlsituierte Bürgertum und nicht die Stammwähler. Es ist kein Thema, aus dem man eine neue Bewegung macht. Außerdem hängt es von den Personen ab. Stronach ist, bei aller Liebe, in dieser unnachahmlichen Mischung, in der er halb steirisch, halb kanadisch daherknödelt, nicht der Frontmann. Die Galionsfigur für seine Bewegung ist offenkundig, aber nicht einsetzbar.

STANDARD: Wer wäre das?

Höbelt: Der Grasser!

STANDARD: Karl-Heinz Grasser? Klingt undenkbar.

Höbelt: Natürlich! Wenn man eine rechtsliberale Partei in diesem Land machen will, mit Unterstützung von Industriellen wäre er der Richtige. Aber er ist anderweitig beschäftigt.

STANDARD: Sie haben Jörg Haider als "neben Bruno Kreisky das größte politische Talent der Zweiten Republik" bezeichnet: Sind Sie enttäuscht von ihm?

Höbelt: Gar nicht. Das gehört zu so einer Figur dazu. Mit Mädchenpensionats-Allüren kommt man da nicht weit. Das Peinliche an der Kärntner Sache ist ja nicht nur, dass da nicht ganz legale Sachen gemacht, sondern auch dass sie ungeschickt gemacht wurden. Die Leute sagen eher: Na ja, haben sie sich halt etwas Geld verschafft. Aber dass sie sich auch so deppert angestellt haben, das verärgert.

STANDARD: Die FPK zieht jede Woche aus dem Landtag aus, um die Abstimmung über den Neuwahl antrag zu verhindern. Inwieweit schaden diese Bilder den Parteien?

Höbelt: Es kann schaden, jedoch weniger beim Wähler, den das Sommerwetter mehr interessiert. Es schadet vielmehr, wenn es in politische Isolation führt. Aber wenn meine Annahme zutrifft, dass die ÖVP jeden Tag betet, dass die Blauen wieder ausziehen, wird es eine solche Isolation nicht geben. Für die ÖVP kann es nicht von Interesse sein, dass es eine rot-grüne Mehrheit gibt.

STANDARD: Die Kärntner ÖVP spricht sich für Neuwahlen aus.

Höbelt: Die Schwarzen vertrauen darauf, dass die Blauen die Blockade aufrechterhalten können.

STANDARD: Wird die FPK bei Neuwahlen 2013 abgewählt?

Höbelt: Es wird spannend, denn den Wählern dürfte die Entscheidung schwerfallen. Das hilft zunächst den Grünen, die in Kärnten nie präsent waren. Andererseits ist Kärnten nicht das Land für grüne Erdrutschsiege. Ich bezweifle, dass sie auf über zehn Prozent kommen. Frank Stronach und das BZÖ haben in Kärnten eine gewisse Bodenhaftung, niemand kann sagen, ob sie es in den Landtag schaffen oder nicht. Die FPK (damals BZÖ) hat mit dem Haider-Erbe groß gewonnen, jetzt holt es sie ein. Ich könnte mir vorstellen, dass es Rot-Blau gibt.

STANDARD: Kaiser wirkt nicht, als würde er mit den Blauen koalieren.

Höbelt: Er wird keinen Blauen wählen. Aber wenn er gewählt werden will, wird er die stabilere Variante nehmen. Bei Rot-Grün ist er beim nächsten Mal wieder weg. Und die Entscheidung hat Symbolkraft für den Bund: Die Nationalratswahl folgt relativ knapp.

STANDARD: Führen solche Skandale wie in Kärnten dazu, dass die Wahlbeteiligung sinkt?

Höbelt: Die sinkt bei allen Demokratien. Unsere ehemals hohe Wahlbeteiligung war nicht die Norm, sondern Ausfluss eines ansatzweise totalitären Systems. Die Leute sind nicht zur Wahl gegangen, weil sie interessiert waren, sondern weil sie in die Parteien eingebunden waren.

STANDARD: Je unabhängiger und frei denkender die Menschen sind ...

Höbelt: ... desto weniger gehen sie zur Wahl, natürlich!

STANDARD: Da beißt sich doch die Katze in den Schwanz, oder?

Höbelt: Viele würden sagen: Sie mögen Rot-Schwarz nicht, Blau auch nicht. Was Drittes ist zu mühsam, da bleiben sie zu Hause.

STANDARD: Der Schritt, eine eigene Partei zu gründen, bleibt aus?

Höbelt: Parteigründer gehören zu einer besonderen Spezies an Querulanten. Viele sagen: Warum soll ich Zeit und Geld investieren, um eine kleine Partei in einem kleinen Land zu gründen, das ohnehin kaum mitbestimmen kann? (Saskia Jungnikl, DER STANDARD, 21.8.2012)