Vor allem erklärte Anhänger der FPÖ sowie jeder zweite Befragte aus bildungsfernen Schichten sähen Frank Stronach gern im Parlament, was nicht heißt, dass die Befragten auch so wählen.

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Linz - 34 Prozent der wahlberechtigten Österreicherinnen und Österreicher wünschen sich, dass Frank Stronach nach der nächsten Nationalratswahl im Parlament sitzt. Besonders deutlich ist dieser Wunsch bei erklärten Anhängern der FPÖ ausgeprägt. Und: Jeder zweite Befragte aus bildungsfernen Schichten (so bezeichnet man Wahlberechtigte, die nur einen Pflichtschulabschluss haben) will Stronach im Nationalrat.

Das geht aus der in der Vorwoche für den Standard durchgeführten Market-Umfrage hervor. Market-Chef Werner Beutelmeyer verweist darauf, dass man daraus nicht schließen darf, dass wirklich jeder Dritte für Stronach stimmen würde: Würde jetzt gewählt, kämen alle Kleinparteien nur auf insgesamt sechs Prozent.

Aber noch ist nicht Wahlkampf, noch kann viel passieren. Und: Kleinparteien bekommen viel Aufmerksamkeit. Nur zwölf Prozent der Befragten (wiederum besonders die Bildungsfernen) können spontan keine Angabe machen, wenn sie gefragt werden: "In letzter Zeit hat man ja von verschiedenen neuen politischen Entwicklungen gehört, es soll in Österreich neue Parteien geben. Welche fallen Ihnen da ganz spontan ein?"

Da nennen 76 Prozent Stronach, 59 Prozent die Piraten, zwölf Prozent andere Parteien (darunter vereinzelte Nennungen von Wirtschaftspartei, EU-Austrittspartei, Seniorenpartei und Anti-Ausländer-Partei). Stronach hat auch die höchste Akzeptanz, wenn man nach persönlicher Bereitschaft zum Wechselwählen fragt. Market legte den 402 repräsentativ ausgewählten Wahlberechtigten folgende (gestürzte) Frage vor: "Wenn in Österreich solche neuen Parteien zur nächsten Nationalratswahl antreten, wäre das ein interessantes Angebot für Sie? Ich lese Ihnen nun einige der möglichen neuen Parteien vor und bitte Sie, mir zu sagen, welche dieser Parteien für Sie prinzipiell wählbar wären."

"Eine Art Proteststimme"

Darauf bezeichneten 50 Prozent der Männer und 40 Prozent der Frauen Stronach als wählbar - wobei wiederum diejenigen hervorstechen, deren Bildung nicht über die Pflichtschule hinausgeht. Und: Stronach ist im Osten Österreichs populärer als in den westlichen Ländern. Beutelmeyer: "Stronach ist attraktiv für Leute, die ein unbestimmtes Unbehagen verspüren - das sind teilweise Menschen, die sich jetzt zur Wahl der FPÖ bekennen, aber auch solche, die derzeit angeben, dass sie gar nicht wählen wollen. Es kann sein, dass Stronach solche Wahlberechtigten motivieren kann, doch eine Art Proteststimme abzugeben."

Vergleicht man das mit der Piratenpartei, so sieht man, dass nur 25 Prozent die Piraten für prinzipiell wählbar halten, Männer eher als Frauen, Menschen unter 50 eher als Ältere. Auffallend ist, dass es in der Sympathie für die Piraten keine großen Unterschiede zwischen Stadt- und Landbewohnern gibt.

An dritter Stelle der Wählbarkeit steht eine Wirtschaftspartei: 23 Prozent, vor allem Befragte mit Matura oder Hochschulabschluss, können sich vorstellen, eine solche Partei zu wählen. Und: Die Wirtschaftspartei ist eher für bisherige Wähler der Koalitionsparteien eine infrage kommende Alternative.

18 Prozent könnten sich vorstellen, eine EU-Austrittspartei zu wählen - besonders attraktiv ist diese Botschaft für ältere, wenig gebildete Befragte, die von sich selber sagen, dass es ihnen heute schlechter gehe als vor fünf Jahren, und die sich auch für die Zukunft keine Verbesserungen erwarten. Die Anti-EU-Partei könnte, ähnlich wie Stronach, bisherige Nichtwähler ansprechen.

1999 ist schon einmal so eine Liste angetreten, 19.268 Wähler konnten für die Liste "Nein" ("Nein zu NATO und EU - Neu trales Österreich Bürgerinitiative") mobilisiert werden. 2006 gab es die Liste "EU-Austritt - Neutrales Freies Österreich", die 10.594 Stimmen erreichte.

Eine Seniorenpartei finden 17 Prozent interessant, erwartungsgemäß ältere Befragte und Wähler der SPÖ, deren Anhängerschaft im Schnitt älter ist als die anderer Parteien. Und: Auch hier bekunden viele Befragte Interesse, die vorher angegeben haben, dass sie zuletzt Verschlechterungen erlebt haben und/oder weitere Verschlechterungen erwarten. Bisher gab es erst einmal, 1990, eine Kandidatur der "Grauen" - sie erhielten die Stimmen von 3996 Wahlberechtigten.

Schließlich die Anti-Ausländer-Partei: Solche Gruppen versuchten es immer wieder, aber mit bescheidenem Erfolg. 1983 hatte die Ausländer-Halt-Bewegung 3914 extreme Rechte mobilisiert, 1986 kam "Mir reichts" auf 8100 Stimmen, das waren 0,2 Prozent.

Heute halten laut Market zwölf Prozent der Wahlberechtigten eine Anti-Ausländer-Partei für wählbar - darunter besonders viele Jungwähler und FPÖ-Anhänger. Aber auch hier gilt laut Beutelmeyer: Nicht jeder, der eine Partei für wählbar hält oder sie irgendwo in der Politik mitspielen lassen würde, wäre auch bereit, sie wirklich zu wählen. (Conrad Seidl, DER STANDARD, 21.8.2012)