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Quasi ein Neuzugang: Rafael Rotter hofft nach nur vier Einsätzen in der letzten Saison, dass sein fünftes Jahr bei den Capitals das erste ohne gröbere Verletzungen wird.

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Sven Klimbacher, Neuzugang aus Graz, ist der Spieler mit der größten EBEL-Erfahrung im Team. Seine 603 Einsätze werden ligaweit nur von acht Cracks übertroffen.

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Nach dem Grunddurchgang nur auf Platz acht in der Tabelle, bei der Zuschauergunst aber die Nummer zwei der EBEL: 4.915 Fans pro Spiel sorgten 2011/12 für eine Auslastung von 70,0 Prozent.

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Wenn die Erste Bank Eishockey Liga am 7. September in die neue Saison startet, jagen erstmals in der Ligageschichte zwölf Klubs dem Titel nach. Acht davon kommen aus Österreich (Anm.: Seit der Gründung der Bundesliga 1965 spielten nur in drei Spielzeiten mehr rot-weiß-rote Teams in der höchsten Spielklasse), kaum einer von ihnen sehnt sich Zuwachs in seiner Pokalvitrine so sehr herbei wie die Vienna Capitals. Im zwölften Jahr seiner Existenz strebt der Hauptstadtverein nach Wiedergutmachung für die abgelaufene Saison, in der man nicht nur die Qualifikation für die obere Gruppe der Zwischenrunde verpasste, sondern auch erstmals seit 2004 bereits vor dem Halbfinale in den Urlaub musste. Trost spendeten da nur die Umstände, dass man das einzige Team war, das den späteren Meister Linz in den Play-Offs wirklich fordern konnte, und dass man in der ewigen Tabelle der höchsten Spielklasse mit nun 728 Punkten in 610 Spielen den Wiener EV überholen konnte. Der große Traditionsverein der Stadt brachte es in 26 Erstligajahren und 773 Spielen auf 723 Zähler.

Personeller Umbau

Um wieder auf die Erfolgsspur zurückzukehren, haben die Capitals den Sommer für einen weitreichenden personellen Umbau genutzt. Gleich 16 der 32 Spieler, die 2011/12 für den Verein auf EBEL-Eis standen, haben den Klub verlassen, darunter Ex-NHL-Goalie Reinhard Divis und die langjährigen Stammkräfte Christian Dolezal (392 Spiele für die Capitals), Peter Casparsson (303) oder Daniel Nageler (180).
Die wohl wichtigsten Personalentscheidungen wurden jedoch bereits während der noch laufenden Vorsaison und abseits des Eises gefällt: Bernd Freimüller, mehr als eine Dekade lang European Scout von NHL-Klub Atlanta, wurde ins Boot geholt. Gemeinsam mit Trainer Tommy Samuelsson, der im Vorjahr noch mit einer nicht gänzlich von ihm zusammengestellten Mannschaft arbeiten musste, bastelte er bereits im Februar und März am neuen Team. Positiv auch das Upgrade für Philippe Horsky zum neuen Co-Trainer: Der Ex-Nationalspieler stellte in den vergangenen beiden Spielzeiten das Farmteam auf ein professionelleres Fundament und hat sich als eine der wenigen österreichischen Zukunftshoffnungen am Trainermarkt etabliert.

Bekannte Gesichter

Bei der Formierung des Kaders für die kommende Spielzeit haben Samuelsson und Freimüller vornehmlich auf in der Liga etablierte Kräfte gesetzt: Gleich zehn der insgesamt zwölf Neuzugänge spielten zuvor bereits in der EBEL, neun davon kamen direkt von Konkurrenten nach Kagran. Noch wichtiger als die damit versuchte Reduktion des Fehlkauf-Risikos ist jedoch der Umstand, dass die Capitals ihre Personalpolitik - anders als in der Vergangenheit - nicht nach banalen statistischen Kennzahlen das (vermeintliche) Offensivpotential eines Spielers betreffend ausgerichtet haben. Vielmehr besetzten die Verantwortlichen die freien Plätze im Team nach Rollenbildern und verpflichteten auch Cracks, deren Fähigkeiten in einzelnen Teilaspekten des Spiels und nicht in der eindimensionalen Produktion von Scorerpunkten liegen.

Neues Torhütergespann

Maßgeblich verändert hat sich im Sommer 2012 vor allem die Defensivabteilung der Wiener, gleich drei der sechs Stammkräfte in der Abwehr wurden ausgetauscht. Neu sind Jamie Fraser, solider Offensivverteidiger mit gutem Preis/Leistungs-Verhältnis, Adrian Veideman, im Vorjahr bei Meister Linz zweitbester Plus/Minus-Spieler der Liga, und Sven Klimbacher, gestandener Defensivmann mit der größten EBEL-Erfahrung im Team (603 Spiele).
Gänzlich neu besetzt haben die Capitals die beiden Torhüterpositionen. Als Nummer eins eingeplant ist Matt Zaba, in den beiden vergangenen Jahren der stärkste Goalie in der italienischen Meisterschaft. Wie jedem neu in eine Liga kommenden Schlussmann wird man auch dem Kanadier eine gewisse Akklimatisierungsphase im neuen Umfeld zugestehen müssen. Komplettiert wird das Duo zwischen den Pfosten vom ebenfalls im Sommer zum Klub gestoßenen Fabian Weinhandl. Der 25jährige Steirer kann auf die viertgrößte Ligaerfahrung aller in der EBEL aktiven Torhüter bauen (154 Einsätze), weist jedoch nur gegen vier von elf Gegnern (Jesenice, Zagreb, Znojmo, Székesfehérvár) eine positive Bilanz in der Gegenüberstellung von Siegen und Niederlagen auf. Zwar steht hinter diesem Gespann das eine oder andere kleine Fragezeichen, das Potential, die enorme personelle Fluktuation auf der Torhüterposition - Zaba und Weinhandl sind im zwölften Jahr der Klubgeschichte die Goalies Nummer 22 und 23 im Capitals-Tor - endlich einzudämmen, ist jedoch klar gegeben.

Viele Mittelstürmer

Im Sturm kann Rafael Rotter als der wichtigste Neuzugang gesehen werden, der Publikumsliebling musste verletzungsbedingt seit Mitte September 2011 zusehen. In vier Jahren im Klub absolvierte er nur 54 Prozent der möglichen Spiele und sehnt endlich eine Saison ohne längere Ausfallzeiten herbei. Mit ihm in der Linie sollte sich auch die zuletzt rückläufige Produktivität des Duos Gratton/Fortier wieder maßgeblich steigern.
Bei den Neuverpflichtungen für die Offensive fällt auf, dass die Capitals primär auf universell anwendbare Angreifer setzen. Mit Blatný, Schiechl und den beiden Try-Outs Olsson und McBride wurden gleich vier Cracks geholt, denen das Spiel auf der Mittelstürmerposition nicht fremd ist. Mit Gratton, Pinter und Nador stehen insgesamt sieben Center im erweiterten Kader, was Trainer Samuelsson viele Variationsmöglichkeiten eröffnet. Neu in Wien sind zudem der bewegliche Flügelspieler Josh Soares und der nach einem Jahr als Verteidiger in Salzburg in Wien nun wieder als Stürmer eingeplante Markus Schlacher. Der Pechvogel unter den Neuzugängen ist Daniel Woger, den nach wie vor die Symptome seiner im Jänner erlittenen Gehirnerschütterung quälen, sodass an Einsätze aktuell nicht zu denken ist.

Durchdachte Planung

Unterm Strich schicken die Vienna Capitals eine sehr ausgewogen besetzte Mannschaft in die Saison 2012/13. Zwar fehlen unter den Neuzugängen von der Papierform her die ganz großen Stars, dass diese jedoch noch längst keine Garantie für durchschlagenden Erfolg sind, weiß man am Nordufer der Donau aufgrund der Erfahrungen aus der Vergangenheit nur allzu gut. Samuelsson und Freimüller haben das Team sehr bedacht und mit viel Fingerspitzengefühl zusammengestellt, im Gegensatz zu den letzten Jahren lassen sich in der Transferpolitik Struktur und Konzept erkennen.
Die starke Besetzung der Abwehr und die Ausgeglichenheit im Angriff, die ermöglicht, dass nun auch in Kagran das Zeitalter des Spiels mit vier kontinuierlich eingesetzten Linien eingeläutet wird, machen die Capitals zu einem der seriösesten Anwärter auf den Meistertitel 2013. War es im durchwachsenen Vorjahr der Ausbau der Albert Schultz-Halle und die damit verbundene Kapazitätssteigerung, die den Zuschauerschnitt um mehr als 28 Prozent auf 4.915 pro Grunddurchgangsspiel steigen ließen, so stehen die Chancen gut, dass es in der kommenden Spielzeit vermehrt sportliche Ausrufezeichen sind, die noch mehr Fans in die Halle locken. Wie groß das Potential im Kader ist, haben die Capitals erst am vergangenen Wochenende gezeigt, als sie in der European Trophy in Linköping (4:3 nach Shootout) den erst vierten Sieg einer österreichischen Klubmannschaft über ein schwedisches Team im 16. Bewerbsspiel feierten. (Hannes Biedermann; derStandard.at; 20.August 2012)