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Die Beschlagnahmung von selbst angebautem Marihuana hat innerhalb eines Jahres in Italien um 1290 Prozent zugenommen.

Foto: epa/ABIR SULTAN

Auch in Italien erfreut sich die Heimgärtnerei wachsender Beliebtheit. Auf Terrassen, Dachgärten und Balkonen züchten die krisengeplagten Italiener Tomaten, Peperoni und Melanzane. Doch besondere Hingabe widmen sie sich einem Gewächs, das zwar als uralte Kulturpflanze gilt, aber kaum als Gemüse klassifiziert werden kann: dem Cannabis indica.

Während Bruttosozialprodukt und Beschäftigungszahlen sinken, nimmt der Marihuanakonsum sprunghaft zu. Ob der Boom mit der bedrückenden Wirtschaftskrise zusammenhängt, ist unklar. Fest steht: Die Beschlagnahmung von Eigenbauhanf hat in einem Jahr in Italien um ganze 1290 Prozent zugenommen. Die krautigen Stauden werden auf Balkonen und Dachgärten gepflanzt, auf Bahndämmen und an Waldrändern, in verborgenen Gärten und Treibhäusern.

Neue Einnahmequellen angesichts der Krise

Er habe sich angesichts der Krise nach neuen Einnahmequellen umsehen müssen, rechtfertigte sich ein 41-jähriger Bozner, der auf entlegenem Gemeindegrund Hanf gepflanzt hatte. Für Aufsehen sorgte vor wenigen Tagen in Rom die Entdeckung einer unterirdischen Cannabisplantage in einem Tunnel, den Mussolini in den 30er-Jahren für eine geplante U-Bahn im Ostteil der Hauptstadt errichten ließ. Auf 7000 Quadratmetern wurde mit modernster Technologie Marihuana produziert. 80 Halogenstrahler sorgten für Licht und Wärme, ein ausgeklügeltes Beregnungssystem für das notwendige Wasser. Die Polizei beschlagnahmte 340 Kilo Marihuana im Marktwert von drei Millionen Euro, der Betreiber wanderte ins Gefängnis.

Künstlerpech hatte ein junger Römer, der seine Pflanzen auf einem Dachgarten mit Blick auf den Petersdom züchtete. Ein vom Wind abgerissener Zweig fiel just vor einem Carabiniere auf den Gehsteig. Auf die größte Pflanzung stieß die Drogenpolizei im sizilianischen Lentini: Auf tausenden Qua dratmetern gediehen 53.000 Pflanzen mit einem Gewicht von 50 Tonnen. Offenbar wächst die Zahl der Landwirtschaftsbetriebe, die neben Obst und Gemüse auch die einträgliche Cannabispflanze anbauen. In einem 13-Hektar-Betrieb bei Vetralla nördlich von Rom entdeckten die Drogenfahnder in Treibhäusern tausende Hanfpflanzen. Das Marihuana war verkaufsbereit in Säckchen zu fünf, zehn und 20 Gramm abgefüllt. (Gerhard Mumelter, DER STANDARD, 20.8.2012)