"Rowdytum aus religiösem Hass" ist ein Straftatbestand in Wladimir Putins Russland, für den man bis zu sieben Jahre kriegen kann. Was die Gruppe Pussy Riot vor dem Altar der Erlöserkirche auf dem Platz beim Kreml getan hat, war eine kombinierte Satire auf den Autokraten Putin und die russisch-orthodoxe Kirche, die mit Putin skandalös kuschelt.
Die russisch-orthodoxe Kirche fühlt sich angesichts dieses Verbündeten auch international stark. Es gab auch in Wien Proteste gegen den Prozess, der den drei jungen Frauen in Moskau gemacht wurde . In der russisch-orthodoxen Kirche St. Nikolaus entfalteten Künstler für fünf Minuten schweigend ein Transparent, auf dem stand: "God loves Pussy Riot" und "Free Pussy Riot". Der Pope der Kirche erstattete Anzeige wegen "Störung der Religionsausübung". Das Moskauer Patriarchat hingegen forderte, die "lästerliche Aktion" in Wien dürfe "nicht ohne Folgen" bleiben.
Russland ist auf dem Weg in die Diktatur, im Unterschied zum Sowjetsystem diesmal aber mit den Segenswünschen der orthodoxen Kirche. Das sollte aber die österreichische Justiz und österreichische Behörden nicht zu irregeleiteten Kniefall-Aktionen verleiten. "Störung der Religionsausübung" ist eine Sache, aber die orthodoxe Kirche in Russland macht ungenierte Politik. Dagegen ist Kritik zulässig, jedenfalls in einer Demokratie und einem Rechtsstaat wie Österreich. (Hans Rauscher, DER STANDARD, 18.8.2012)