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Polizisten umzingeln jenes Gebäude in London, in dem Ecuadors Botschaft und - derzeit - Julian As sange untergebracht sind. Sobald der Wikileaks-Gründer das Haus verlässt, wird er verhaftet.

Foto: EPA/Cohen

Bequem hat es Julian Assange in Ecuadors Botschaft nicht, am Sonntag will er sich zu seinem Fall selbst äußern.  

Statt hinter schwedischen Gardinen steckt Julian Assange jetzt hinter ecuadorianischen - in einem siebenstöckigen Gebäude an Hans Crescent in London, gleich hinter Harrods, dem Luxuskaufhaus. Von dem altviktorianischen Bau belegt die Botschaft Ecuadors aber nur ein halbes Stockwerk im Erdgeschoß. Schon die Aufgangshalle des Gebäudes teilt sie sich mit den reichen Bewohnern der oberen Geschoße.

Zu diesen zählen Mitglieder des saudischen Königshauses und ein früherer libyscher Regierungschef. In der Halle und auf den Treppen wimmelt es von Polizisten, die bereitstehen, um Assange zu verhaften, wenn er nur einen Schritt aus der Tür der Botschaft macht.

Assanges fester Aufenthaltsort in der Botschaft, berichten Besucher des Australiers, ist ein kleines Zimmer am hinteren Ende der engen Räumlichkeiten. Dort soll der Flüchtling erst auf einer Luftmatratze genächtigt haben, bevor man ihm ein Bett aufstellte. Die Botschaft ist auf Besucher nicht eingerichtet, eine Dusche hat man für den unverhofften Gast provisorisch installiert.

Zugang zu einem Garten gibt es nicht, warmes Essen liefern ihm Gaststätten aus der Nachbarschaft. Außer einem Computer anschluss verfügt Assange über ein Laufband, mit dem er sich fit zu halten sucht. Auch eine Höhensonne hat er in seinem Zimmer, seine Mutter hat sie ihm vorbeigebracht.

Besuch von Assistentin

Dass er sich langweile in seinem selbst gewählten Verlies, haben Freunde und Mitarbeiter Assanges bereits bestätigt. Besuch bekommt er regelmäßig von seiner Assistentin Sarah Harrison und Wikileaks-Sprecher Joseph Farrell. Für Sonntag hat Assange angekündigt, sich vor der Botschaft zu seinem Fall selbst zu äußern. Ob er dabei tatsächlich sein Asyl verlassen will oder etwa per Videowall präsent sein wird, blieb unklar.

Auf diplomatischer Ebene wurde am Freitag weiter über eine Lösung der Situation verhandelt. Großbritannien beharrte weiter darauf, Assange zu verhaften, sobald er die Botschaft verlässt, das Außenministerium distanzierte sich aber von Überlegungen, der Botschaft ihren geschützten Status abzuerkennen und so Assange dort verhaften zu können.

Der Guardian spekulierte über Assanges Möglichkeiten, das Gebäude trotz Polizeibelagerung zu verlassen: Ecuador könne ihm spontan Diplomatenstatus verleihen und ihn so vor einer Verhaftung schützen, was allerdings die Spannungen mit Großbritannien vergrößern würde. Den Wikileaks-Gründer in einer Tasche, getarnt als diplomatisches Gepäck, hinauszuschmuggeln, würde spätestens am Flughafen scheitern: Per Wärmedetektor würde der blinde Passagier erkannt.

So wird Julian Assange fürs Erste wohl der Gefangene seines eigenen Fluchtversuchs bleiben. Die elektronische Fußfessel, die er "draußen" tragen musste, hat er auch "drinnen" nicht abgenommen. Weil er sich, wie ein Botschaftsmitarbeiter erklärt, nicht vorsätzlicher Sachbeschädigung schuldig machen wolle. (Peter Nonnenmacher, DER STANDARD, 18.8.2012)