Fahrradfahren war und ist derzeit Thema in den Medien. Doch leider steht nicht etwa der Nutzen  für Umwelt und Gesundheit im Vordergrund, oder wie das ambitionierten Ziele zur Steigerung des Radanteils am Verkehr erreicht werden können, sondern - wieder einmal - die angeblich so schlimmen "Radrowdys".

Entflammt ist dabei wieder einmal die Diskussion um "Fahrradkennzeichen", also der Forderung mancher Politiker nach einer Kennzeichnungspflicht für Drahtesel nach dem Vorbild bei Kraftfahrzeugen. Den Anfang machte dabei eine schlecht gemachter und schlecht recherchierter Beitrag der TV-Sendung "Konkret" zu einer entsprechenden Forderung der SP- Bezirksvorsteherin des neunte Wiener Gemeindebezirks Martina Maylar. Sie berichtete von Beschwerden von FußgängerInnen, die sich von "GehsteigradlerInnen" bedroht fühlen würden und leitete daraus ihre Forderung ab.

Bürgermeister Häupl fand im Interview dann auch die Idee gleich, wohl froh über die Ablenkung nach dem Parkpickerl- Kommunikationsdebakel seiner Partei; auch gleich "interessant". Die FPÖ war sowieso schon immer für die unsinnigen Nummerntafeln. Die ÖVP Wien kann den Nummerntafeln zwar nichts abgewinnen, verlangt aber, um in die gleiche Kerbe zu schlagen, eine Angleichung der Strafen für Fahrradfahrer an die für KFZ- LenkerInnen, und übersieht dabei, oder wohl besser: will die Tatsache ignorieren, dass Auto- LenkerInnen in einer potentiellen Mordwaffe sitzen, wenn sie beispielsweise alkoholisiert Auto fahren, RadlerInnen aber hauptsächlich sich selbst gefährden.

Es fehlt eine ehrliche, allgemeine Debatte zum allgemeinen Thema Verkehr

Ehrlich über das Thema Verkehr wird derweilen natürlich nicht diskutiert, lieber zeigt man mit den Fingern auf die anderen, vermeintlich Bösen. Dabei gäbe es genug zu reden: beispielsweise darüber, dass in Österreich ein Gesamtverkehrsplan fehlt. Oder über die Gründe, warum jemand Verkehrsregeln ignoriert oder übertritt: sicherlich: die Fälle wo Ignoranz, "Rowdytum" oder Egoismus eine Rolle spielen, sind nicht abzustreiten. Genauso ist aber auch eine jahrelang verfehlte Verkehrspolitik Ursache vieler Übel: graumelierte Herren, die nie auf einem Fahrrad gesessen sind haben Radwege, Mehrzweckstreifen und Ampelschaltungen "erfunden", die praxisuntauglich sind oder die umweltfreundlicheren Arten der Fortbewegung in der Stadt grob benachteiligen.

Auto-Rowdys mit Kennzeichen

Dass die Debatte mehr als nur scheinheilig ist, sieht man auch daran, dass Schlagzeilen wie z.B. diese auf orf.at "1.000 Rotlichtsünder in Linz erwischt" (gemeint sind hier übrigens KFZ!) schulterzuckend zur Kenntnis genommen werden. Während sich in Krone, ORF & Co trefflich die BürgerInnen über die schlimmen Radrowdys aufregen, kann ich als Alltagsradler all die Autorowdys, die täglich auf Österreichs Straßen drängeln, hupen oder den Mindestabstand beim Überholen nicht einhalten, auf Radwegen halten oder parken, schon gar nicht mehr zählen. Das tun die übrigens trotz Nummerntafeln, wie sie das schon immer gemacht haben - soviel zur "Abschreckungswirkung" von Taferln.

Mehr Kontrolle und eine Bewusstseinskampagne

Die Lösung für ein besseres Miteinander kann daher nicht "Nummerntafeln für alle" lauten sondern: den öffentlichen Raum besser und gerechter verteilen, sodass die beiden schwächsten Verkehrsteilnehmer - RadfahrerInnen und FußgängerInnen nicht mehr gegeneinander ausgespielt werden, eine Bewusstseinskampagne für das Verhalten im Verkehr (Stichwort "Vertrauensgrundsatz") und - auch dazu steh ich in weiterer Folge - rigorose Kontrolle aller VerkehrsteilnehmerInnen. (Leserkommentar, Stefan Mackovik, derStandard.at, 17.8.2012)