Ute und Johann Zimmermann: "Der Job macht Spaß - wir bauen einen Flieger aus Pflanzen!"

Foto: derStandard.at

Die Idee für den Flieger kommt von Filmproduzent Florian Brandt, der den Flieger steuern wird.

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Das NaKu-Team fiebert dem Red Bull Flugtag schon entgegen.

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"Wir bringen Sauerkraut zum Fliegen!" Ute Zimmermann fängt an zu strahlen, wenn sie von ihrem Projekt spricht: Zusammen mit ihrem Ehemann Johann und der gemeinsam gegründeten Firma "NaKu" (Abk. für "Natürlicher Kunststoff", derStandard.at hat berichtet) nimmt sie am Red Bull Flugtag teil. Das Ziel: Ein Fluggerät aus Kunststoff zu bauen, das komplett biologisch abbaubar ist. Nach seinem Einsatz am 23. September wird der Flieger innerhalb von drei Monaten in einer Kompostieranlage vollständig verrotten.

Natur und Kunststoff kein Widerspruch

"Unser Naturkunststoff wird zum Teil aus Milchsäure hergestellt, und den braucht es auch, um Sauerkraut zum Gären zu bringen", erklärt Ute Zimmermann den Slogan. Seit fünf Jahren erzeugt ihre Firma mit Sitz in Wiener Neustadt natürlichen Kunststoff, vor allem aus Mais. Dieser ist biologisch abbaubar, frei von Schadstoffen, setzt bei der Produktion weniger CO2 frei und lässt sich besser wiederverwerten als herkömmlicher Kunststoff.

Die Hauptprodukte der Firma sind Trage- bzw. Frischhaltesackerln. Trotz der vielen Vorteile und großer Akzeptanz beim Endkunden sei die Nachfrage vonseiten der Händler aber noch relativ klein. Immerhin gibt es die Sackerln aber bereits in allen Merkur-Filialen in der Obst- und Gemüseabteilung - zum fairen Preis von fünf Cent.

Noch dominiert aber das günstigere herkömmliche Plastik den Handel - bis NaKu sich durchsetzt, wird es noch einige Zeit dauern, denn die Branche ist noch sehr klein. Auch die Technik müsse noch weiterentwickelt werden, sagt Zimmermann: "In 20 Jahren lachen wir über das, was wir heute machen."

Grenzgänger zwischen Natur und Industrie

Die Teilnahme am Red Bull Flugtag soll der Firma nun mehr Bekanntheitsgrad bringen - im Vordergrund stehe aber das Vergnügen, sagt Johann Zimmermann: "Der Job macht enormen Spaß - wir bauen einen Flieger aus Pflanzen! Das Fliegen selbst interessiert mich gar nicht so, aber ich finde die Idee geil!"

Diese kommt von Filmproduzent Florian Brandt (46), der im Rahmen der Recherchen für den österreichischen Dokumentarfilm "Plastic Planet" von Werner Boote auf den Naturkunststoff aufmerksam wurde. Er träumt schon seit seiner Kindheit vom Fliegen und beschäftigt sich seit Mitte der 1980er Jahre damit. Kurzerhand rief er bei NaKu an, wo sein Vorschlag begeistert aufgenommen wurde. "Wir wollen zeigen, was man mit NaKu alles machen kann. Grenzgänger zwischen Natur und Industrie waren wir ja schon immer", sagt Johann Zimmermann, der vor der Firmengründung an der Montanuniversität Leoben Kunststofftechnik studierte.

"Es ist alles sehr schnell gegangen. Das Projekt war ein totaler Selbstläufer", freut sich Brandt, der selbst fliegen wird. Derzeit arbeiten er und viele "helping hands" von Freunden und Kollegen noch am Bau des Flugzeugs.

"Ich wollte schon immer beim Flugtag mitmachen, ich finde die Idee lustig. Ich will aber nicht den Kasperle machen, sondern richtig fliegen", erklärt Brandt. Das Besondere am NaKu-Flieger? "Es gibt keinen größereren Anachronismus als ein Flugzeug, das extra für den Bewerb gebaut wird und kurz darauf schon wieder verrottet."

Grundvoraussetzung Weltverbessertum

Die achtköpfige NaKu-Belegschaft arbeitet mit vollem Einsatz am Bau des Fliegers. Die Mitarbeiter sind von der Forschung und Produktion von natürlichem Kunststoff begeistert. "Wegen des Geldes ist niemand bei uns", sagt Ute Zimmermann. Katarina Höng (23), die Biologie studierte und seit einem Jahr mit an Bord ist, ergänzt: "Die Grundvoraussetzung für diesen Job? Weltverbessertum."

Aktuell wird noch am Material für den Flieger gearbeitet: Folien, die ansonsten für Joghurtbecher verwendet werden, müssen hier als Flugmaterial herhalten, doch es wird auch geforscht, etwa wurde eigens für das Projekt eine Art Styropor aus Naturprodukten entwickelt.

Der erste Red Bull Flugtag fand 1992 in Wien statt, seitdem wurden bereits 69 Flugtage auf der ganzen Welt veranstaltet. Dabei fliegen - oder stürzen - Hobbypiloten mit ihren selbstgebauten, nicht motorisierten Fluggeräten über eine sechs Meter lange Rampe und landen im Wasser. Auflage ist, dass das Fluggerät die Umwelt nicht belastet. "Für Red Bull ist aber alles umweltfreundlich, was schwimmt. Wir wollen etwas wirklich Umweltfreundliches", sagt Brandt.

Der bisherige Wien-Rekord liegt bei 69 Meter Distanz, das NaKu-Team und vor allem der Pilot ist aber ehrgeizig und will zumindest daran kratzen: "Ich rechne nicht damit, dass ich abstürze. Wir wollen schon auch eine ordentliche Distanz schaffen!"

Technische und andere Herausforderungen

Eine Herausforderung werde es, die nötige Startgeschwindigkeit von 60 Kilometer pro Stunde zu erreichen. Ebenfalls ein Problem ist die Lage des Schwerpunkts: Wenn dieser an der falschen Stelle sitzt, kommt der Flieger zu weit nach unten: "Das wichtigste ist, dass wir die Nase nach oben bekommen", sagt Ute Zimmermann.
Derzeit wird noch das Material getestet, in drei Wochen soll der Flieger fertig gebaut sein und Anfang September dann die ersten Testflüge auf einem Berghang stattfinden. Ob der natürliche Kunststoff tatsächlich alle Rekorde bricht, wird sich am 23. September auf der Wiener Donauinsel zeigen. Zukunftsweisend ist er aber definitiv. (Florian Bayer/Sarah Dyduch, derStandard.at, 16.8.2012)