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Eine tägliche Turnstunde? Bildungsministerin Claudia Schmied ist dagegen.

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Schmied will nicht reflexartig einen Schuldigen suchen.

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Wien  - Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) will nichts mit den Misserfolgen der österreichischen Sportler bei Olympia zu tun haben: "Ich weise das dezidiert zurück", meinte sie zur neuaufgeflammten Diskussion um zu wenige Turnstunden im Schulunterricht. Wären die Spiele in London für Österreich erfolgreich gelaufen, hätte auch niemand gesagt, das liege am Sportunterricht, so die Ministerin am Dienstag im Ministerrat.

Für Schmied haben Bewegung und Sport in der Gesellschaft einen ebenso wichtigen Faktor wie Kunst und Kultur. Nur weil es jetzt aber bei Olympia keine Erfolge gegeben habe, sei es nicht sinnvoll, reflexartig nach irgendeinem Schuldigen zu suchen.

Stöger zurückhaltend

Dem Wunsch von Sportminister Norbert Darabos (SPÖ), eine tägliche Turnstunde zu etablieren, schloss sich die Ministerin nicht an. Dies sei eine Frage des Stundenplans, meinte Schmied ausweichend. Ohnehin gebe es Schulen mit Sportschwerpunkten. Zudem sei es den Sportverbänden ermöglicht worden, Kooperationen mit Schulen einzugehen.

Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ) wollte sich in die Debatte um die tägliche Turnstunde sichtlich nicht einmischen. Klar sei, dass sich Kinder und Jugendliche eine Stunde pro Tag bewegen sollten. Ob dies in der Schule stattfinden müsse, sei eine andere Frage.

Spindelegger erwartet Konzept

Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP) erwartet sich hingegen, dass nach dem Debakel in London von den zuständigen Ministern, also Darabos und Schmied, ein Konzept auf den Tisch gelegt werde, wie man den Sport schon von Jugend an fördern könnte. Wunder würde sich der ÖVP-Chef von einer täglichen Turnstunde, die er an sich gut fände, aber nicht erwarten. Diese hätte auf den Spitzensport wohl auch nicht sofort große Auswirkungen.

Für Anja Richter als Vizepräsidentin des ASKÖ-Landesverbands WAT ist auch das Schulsystem der Zukunft gefordert, für ausreichend Sport und Bewegung zu sorgen. Die Olympia-Vierte im Synchronspringen vom Turm 2000 in Sydney verweist auf das steigende Übergewicht in der Bevölkerung und spricht sich im Sportunterricht für die Abkehr vom Klassenlehrer-System aus.

"Turn- und Bewegungseinheiten an den Volksschulen sollten in der Zukunft von Spezialistinnen und Spezialisten abgehalten werden", meinte die frühere Spitzensportlerin. Außerdem biete der Ausbau des flächendeckenden Angebots von Ganztages-Schulen eine einmalige Chance, Sport und Bewegung täglich in den Schulalltag zu integrieren sowie vermehrt Kooperationen mit Vereinen einzugehen.

Grüne, BZÖ und Schüler fordern mehr Sport an Schulen

Grünen-Bildungssprecher Harald Walser will eine "tägliche Turnstunde als Bewegungs-und Lernmotivation". Kritik übte er daran, dass an Berufsschulen, wo laut einer Untersuchung aus 2001 immerhin 34 Prozent der Burschen und 45 Prozent Mädchen übergewichtig sind, gar kein Turnunterricht angeboten wird.

Auch BZÖ-Bildungssprecherin Ursula Haubner will "ausreichend Bewegungs- und Sportmöglichkeiten" und kann sich eine Ausweitung der Turnstunden vorstellen. Dabei gehe es allerdings "nicht vorrangig um das Heranzüchten von Spitzensportlern". Mehr Bewegung sei notwendig, weil Kinder und Jugendliche immer unbeweglicher würden und die ernährungsbedingten Krankheiten zunehmen.

Die VP-nahe Schülerunion wünscht sich unterdessen, dass Turnhallen auch über den Sportunterricht hinaus genutzt werden dürfen. Außerdem sollen Schüler auch an anderen Standorten an Freifächern teilnehmen können, weil diese oft wegen zu weniger Anmeldungen nicht zustande kämen. "Es darf nicht sein, dass Schüler durch das System beschränkt werden, wenn sie freiwillig Sport machen möchten", so Bundesobmann Daniel Perschy. Außerdem sollen nach Wunsch der Schülervertreter Sport-Vereine in den Unterricht eingebunden werden. (APA, 14.8.2012)