Essayist, begnadeter Redner und manchmal auch Polemiker: Robert Menasse.

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Gmunden - Nebenbei studiere er Germanistik, ließ der junge Mann, der gerade sein Studium begonnen hatte, den etwas älteren Studienkollegen wissen, dem er gerade vorgestellt worden war. Die Frage des Älteren, was er denn sonst tue, beantwortete der Erstsemestrige in jener unnachahmlichen und zuweilen streitbaren Art, für die er später bekannt werden sollte: "Hauptsächlich schreibe ich Weltliteratur." Es ist dies nur eine der vielen Anekdoten, in diesem Fall vom Philosophen Konrad Paul Liessmann, die nun, dreißig Jahre später, in Gmunden über Robert Menasse zum Besten gegeben wurden.

Vier Tage lang sprachen und diskutierten beim Menasse gewidmeten Literaturschwerpunkt der Festwochen Gmunden Freunde und Wegbegleiter (u. a. Franz Schuh, Christoph Ransmayr, Lutz Ellrich, Joachim Kalka und eben Liessmann) über Werk und Wirkung des 1954 in Wien geborenen Schriftstellers und Essayisten.

Und es kommt selten vor, dass man sich als Zuhörer in dieser Breite und auch Qualität über das Schaffen eines Autors kundig machen kann. So waren Teile des Schwerpunkts Vorträgen zu Menasses Romanen gewidmet, während in fünf Podiumsdiskussionen der Essayist, begnadete Redner, manchmal auch der Polemiker Menasse im Mittelpunkt stand. Neben Österreich war vor allem die EU ein Gesprächsthema. Auch weil im September Menasses Essay Der europäische Landbote erscheinen wird.

Während Büchner in seinem Hessischen Landboten den Hütten Friede und den Palästen Krieg wünschte, fordert Menasse eine Überwindung der Nationalstaaten, durch deren Partikularinteressen das Projekt Europa zu scheitern drohe. "Entweder die Nationalstaaten gehen unter - oder die EU" , so Menasse, der glaubt, Ersteres werde passieren.

Doch so oder so: "Wir leben also auf jeden Fall am Vorabend eines Untergangs". Den Abschluss des Schwerpunktes bildete dann das Konzert der charismatischen portugiesischen Fado-Sängerin Mísia, deren Kommen Menasse sich gewünscht hatte. Sie sang vom Tod der Wünsche, vom Schicksal, der Liebe - und von der Hoffnung, die jeder Neuanfang birgt. (Stefan Gmünder, DER STANDARD, 14./15.8.2012)