Managua/Wien - Vor hundert Jahren, am 14. August 1912, landeten US-Marines in Nicaragua und besetzten die Hauptstadt Managua sowie Granada und León. Die Militärintervention sollte den Sturz der Marionettenregierung des konservativen Präsidenten Adolfo Díaz (vormals Buchhalter eines US-Bergbauunternehmens) durch ein Rebellenheer verhindern. Erst 1933 zogen die US-Truppen nach einem sechsjährigen Aufstand unter Führung von General Augusto César Sandino ab, nachdem sie eine von ihrem Vertrauensmann Anastasio Somoza befehligte "Nationalgarde" aufgestellt und ausgebildet hatten. Somoza ließ 1934 Sandino ermorden, auf dessen Vermächtnis sich die 1961 gegründete "Frente Sandinista de Liberación Nacional" berief. Erst 1979 sollte die sandinistische Revolution der Somoza-Familiendiktatur ein Ende bereiten.

US-Präsident William Taft (1909-1913) setzte die "Big Stick"-Politik seines Vorgängers Theodore Roosevelt fort, die als Ausdehnung der Monroe-Doktrin von 1823 ("Amerika den Amerikanern") zu verstehen war. Demnach mussten die USA für Ruhe und Ordnung auf dem amerikanischen Kontinent und in der Karibik sorgen und eine Art Polizeigewalt in ihrem "Hinterhof" ausüben. 1898 hatten sie die spanischen Kolonialherren aus Kuba und Puerto Rico (wie auch von den Philippinen) vertrieben. In Kuba installierten sie ein Satellitenregime und griffen bis 1933 mehrfach militärisch ein. Zur Sicherung ihrer Interessen beim Bau des Kanals durch die Panama-Landenge forcierten die USA 1903 die Abspaltung dieses Gebietes von Kolumbien, sicherten sich die Kanalzone und stationierten dort Truppen.

Interventionen

Neben Strafexpeditionen während der Revolutionswirren 1916/17 in Mexiko intervenierte die US-Armee von 1915 bis 1934 in Haiti und von 1916 bis 1924 in der Dominikanischen Republik. In Honduras unterstützte sie ab 1933 die Diktaturen von Tiburcio Carías Andino und Juan Manuel Gálvez, die als Handlanger der "United Fruit Company" (UFC) fungierten. 1954 stellte Honduras sein Territorium für eine von der CIA gesteuerte Söldnertruppe zur Verfügung, um den guatemaltekischen Präsidenten Jacobo Arbenz zu entmachten, der UFC-Ländereien an Kleinbauern verteilt und Mindestlöhne gefordert hatte und dafür von Washington prompt als "Kommunist" etikettiert worden war. Das daraufhin von den USA eingesetzte Regime machte die Sozialreformen von Arbenz sofort rückgängig.

Washington baute Militär und Sicherheitskräfte in lateinamerikanischen Staaten auf. Offiziere dieser US-gesponserten Armeen errichteten korrupte Gewaltherrschaften, wie Somoza in Nicaragua, Rafael Trujillo in der Dominikanischen Republik oder Fulgencio Batista in Kuba. Die "Politik des dicken Stockes" trug den USA den Ruf einer imperialistischen Macht ein und machte sie in Lateinamerika verhasst.

Auch nach dem Zweiten Weltkrieg schreckten US-Präsidenten nicht vor direkten militärischen Interventionen zurück, um Regierungen zu Fall zu bringen, die die soziale Lage der armen Bevölkerung verbessern wollten und in Konflikt mit wirtschaftlichen Interessen der USA gerieten: 1965/66 in der Dominikanischen Republik, deren demokratisch gewählter Präsident Juan Bosch durch eine pro-amerikanische Junta ersetzt wurde, 1983 auf Grenada und 1989 mit 20.000 Mann in Panama, um Machthaber General Manuel Antonio Noriega, einen früheren CIA-Konfidenten, gefangen zu nehmen und nach Florida auszufliegen. Bei der Panama-Invasion kamen bis zu 7.000 Menschen ums Leben, mehr als 12.000 wurden infolge der amerikanischen Luftangriffe obdachlos.

Das Scheitern der von der CIA organisierten Invasion von exilkubanischen Söldnern in der Schweinebucht wurde 1961 zum politischen Debakel für Washington. Erfolgreicher waren die massiven Geheimdienstoperationen in Chile mit dem Ziel, die linke Regierung von Präsident Salvador Allende zu destabilisieren und die Voraussetzungen für den Militärputsch von General Augusto Pinochet im September 1973 zu schaffen. In den von extremen sozialen Gegensätzen geprägten Bürgerkriegen in El Salvador und Guatemala stützte Washington die Militärdiktaturen und paramilitärische Gruppen im Dienste der Großgrundbesitzeroligarchie. In Nicaragua unterstützten die USA den Kampf der Contra-Rebellen gegen die sandinistische Regierung in den Jahren 1981 bis 1990 mit Waffen und Erlösen aus geheimen Waffenlieferungen an den verfeindeten Iran. (APA, 12.8.2012)