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Kanzler Werner Faymann kann sich nicht nur Eurobonds, sondern auch eine Banklizenz für den ESM vorstellen. Deutschlands Angela Merkel steht da noch eher auf der Bremse.

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Grafik: STANDARD

Brüssel/Wien - So viel scheint schon klar: Sie wird zentrales Thema im Wahlkampf für die deutsche Bundestagswahl und dürfte auch die österreichische Wahlauseinandersetzung (spätestens Herbst 2013) prägen: Die Frage, ob die Euroländer noch weitere Haftungen füreinander übernehmen sollen bzw. in welcher Form.

Die deutsche SPD hat sich mit ihrem Ruf nach einer "Schuldenunion" massive Kritik von FDP und Konservativen eingehandelt. In Österreich plädierte Finanzstaatssekretär Andreas Schieder (SPÖ) am Sonntag ebenfalls für eine "Haftungsunion". Was damit gemeint ist, ist längst nicht ausdiskutiert. Es geistern zahlreiche Varianten herum.

Ein Überblick

Q Eurobonds: Dabei würden die Euroländer gemeinsam Anleihen begeben. Den Südeuropäern würde das eine niedrigere Zinslast bringen, Staaten mit guten Daten müssten umgekehrt mit höheren Kosten rechnen. Die EU-Kommission hat bereits drei Varianten für Eurobonds vorgelegt. Erstens: eine vollständige Umstellung aller nationalen Staatsanleihen auf Eurobonds bei gemeinschaftlicher Haftung.

Zweitens: zentral ausgegebene Eurobonds, für die aber jedes Land anteilig, also nicht gemeinschaftlich haftet. Und drittens: nur ein teilweiser Ersatz nationaler Anleihen. Bis zur Maastricht-Grenze von 60 Prozent der Wirtschaftsleistung würden sich die Eurostaaten allein refinanzieren. Für Schulden darüber hinaus gäbe es eine gemeinsame Haftung.

Q Tilgungsfonds: Ähnlich der dritten Eurobonds-Variante ist ein Vorschlag der deutschen Wirtschaftsweisen: die Schaffung eines europäischen Schuldentilgungsfonds. Alle Verbindlichkeiten, die über der 60-Prozent-Schuldengrenze liegen, kämen demnach in einen Fonds. Mit Stand 2011 wären das rund 2,3 Billionen Euro (siehe Grafik). Jeder Staat müsste seine Schulden zwar selbst zurückzahlen (binnen 20 bis 25 Jahren), im Falle der Zahlungsunfähigkeit würden aber die anderen einspringen. Um das Haftungsrisiko zu begrenzen, müsste jedes teilnehmende Land einen Teil der nationalen Devisen- und Goldreserven verpfänden. Zusätzlich müssten nationale Steuern zweckgebunden dem Tilgungsfonds zugute kommen.

Q Banklizenz: ESM Seit Monaten wird auch über eine Banklizenz für den dauerhaften Rettungsschirm ESM diskutiert. Was das bedeuten würde: Der ESM könnte unbegrenzt Geld bei der Europäischen Zentralbank aufnehmen und damit Staatsanleihen kriselnden Eurostaaten aufkaufen. Da die einzelnen Staaten für den ESM geradestehen, käme es auch hierbei zu einer weiteren Vergemeinschaftung der Schulden.

Welche Parteien und Politiker für welche Varianten eintreten, ist nicht immer ganz klar. Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel schloss Eurobonds aus - "solange ich am Leben bin". Ihr Finanzminister Wolfgang Schäuble konnte sie sich zumindest als längerfristige Option vorstellen. Dem Tilgungsfonds war Merkel nicht ganz abgeneigt. Voraussetzung sei eine verfassungskonforme Umsetzung, die laut einem Gutachten für die Wirtschafstweisen wahrscheinlich möglich wäre.

In Österreich können sich sowohl SPÖ als auch ÖVP Eurobonds vorstellen, wobei die ÖVP aber stärker betont, dass diese erst am "Ende des Tages", also nach Umsetzung strenger Haushaltsregeln, möglich seien.

Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) zeigte aber auch wiederholt Sympathie für eine Banklizenz des ESM. Hier steht Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) eher auf der Bremse. Juristisch sei das derzeit nicht möglich, daher halte sie nichts von "immer neuen Hüftschüssen", wie es in ihrem Büro heißt.

Wobei sich das rechtliche Problem bei allen Varianten stellt - je nach Ausgestaltung. Klar scheint daher, dass es zu einer Änderung des EU-Vertrags kommen wird. In Österreich sind sich Faymann und VP-Chef Michael Spindelegger einig, dass ein neuer EU-Konvent eingesetzt werden soll, der sich mit einer breiten Palette an Themen - bis hin zur Direktwahl des EU-Ratspräsidenten - beschäftigen soll. Größere Vertragsänderungen sind freilich nicht binnen weniger Wochen oder Monate zu realisieren. Die Deutschen plädieren daher nur für eine begrenzte Vertragsänderung. (Günther Oswald, DER STANDARD; 13.8.2012)