Er wollte eine "Legende" werden: eine lebende wie Muhammad Ali oder Michael Johnson oder eine tote wie Bob Marley. Und er hat es geschafft. Meint Usain Bolt über sich selbst: "Mein Leben ist schön, mit Höhen und Tiefen. Aber nun bin ich eine Legende. Nun ist es vollbracht, es sind keine Wünsche mehr offen. Ich will das nun genießen. Ich werde mich zurücklehnen und nachdenken, was das nächste Ziel ist."

Sehr selbstsicher - und warum auch nicht. Olympisches Gold im 100- und 200-Meter-Sprint, mit dieser scheinbaren Selbstverständlichkeit, das hat etwas Ehrfurchtgebietendes. Allerdings wäre vorsichtig anzumerken, dass meist nicht der oder die Akteure selbst entscheiden, wer oder was eine Legende wird. Das machen die Öffentlichkeit und die Nachwelt. Beide sind oft kapriziös bis grausam. Es geht manchmal seltsam unlogisch und auch ungerecht dabei zu. Nicht um jede große Leistung rankt sich auch eine Legende, und vielem, das zur Legende wurde, etwa den frühchristlichen und mittelalterlichen Heiligenlegenden, haftet ein süßlich-penetranter Beigeschmack an. Andere Legenden waren einfach nur gute Selbstvermarkter oder gar Scharlatane.

"Ich wollte eine Legende werden, und das bin ich auch geworden", klingt ein wenig wie aus einem amerikanischen Motivationsseminar. Zunächst einmal hat es aber funktioniert als beeindruckendes Beispiel für Autosuggestion. (Hans Rauscher, DER STANDARD, 11.8.2012)