Bild nicht mehr verfügbar.

Fast völlig verdrängt: Statt "Paradeiser" sagen fast alle Österreicher "Tomate".

Foto: APA/dpa/Jens Kalaene

Wien - In "Österreich grüßt Gott nicht mehr" hat die "Zeit" einen griffigen Titel für den fortschreitenden Sprachwandel hierzulande gefunden. Das Österreichische als spezielle Varietät der deutschen Standardsprache passt sich in seinen Bezeichnungen immer stärker dem Bundesdeutschen Hochdeutsch an, wie der emeritierte Germanistik-Professor Peter Wiesinger nun mit einer Studie bestätigt. Bei einem Fragebogentest ließ er 21-jährige Studenten Bilder beschriften. Dabei schrieb ein Drittel der Getesteten anstelle von "Stiege" das norddeutsche "Treppe", ebenso viele "Kasse" statt "Kassa" und "eine Eins" statt "ein Einser". 

Ursache für die Verdrängung des Österreichischen seien die Medien und ihr Einfluss: Filme und Serien würden in Hochdeutsch synchronisiert, auch in Büchern und Zeitschriften dominiert das Hochdeutsche. "Gerade Jugendliche orientieren sich am Englischen und Hochdeutschen", betont Wiesinger, Autor des Buchs "Das österreichische Deutsch in Gegenwart und Geschichte". In westlichen Bundesländern wie Tirol komme der Tourismus dazu. Die Einheimischen würden sich anpassen, um von den Gästen, die das Geld bringen, verstanden zu werden.

Die Anpassung betrifft der Studie zufolge aber nicht alle Bezeichnungen gleichermaßen: Fast völlig verdrängt wurde laut Wiesinger bereits der "Paradeiser" von der "Tomate", auch weil die entsprechenden Produkte "Tomatensaft" und "Tomatenmark" heißen. Andere Begriffe wie die "Marille" oder das "Sackerl" seien hingegen stabil. Aufgehalten werden kann der Sprachwandel laut Wiesinger nicht, aber - so der Wille dazu besteht - zumindest abgebremst. "Sprache bedeutet eben auch immer Identität", sagt Wiesinger. Dafür müsste sich allerdings die Schule einsetzen. Doch auch in den Schulbüchern werde schon auf das Norddeutsche umgeschwenkt. (APA/red, derStandard.at, 10. 8. 2012)