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Foto: APA/DPA/ARMIN WEIGEL

Wien - Mit scheuen Schritten kehrt ein Stück Wildnis heim nach Österreich. 150 Jahre nachdem Bär, Wolf und Luchs den Kampf um den Boden gegen den Menschen verloren haben, erobern die Tiere nach und nach Teile ihres ehemaligen Lebensraumes zurück. Doch ob es die letzten großen Räuber der Wälder schaffen, noch einmal in Österreich sesshaft zu werden, ist fraglich.

Zu Gesicht hat die vorsichtigen Tiere bisher kaum jemand bekommen, nur Bilder aus Fotofallen und die Auswertung von Spuren bezeugen, dass die "Großen Drei" wieder in Österreich unterwegs sind. Noch ist die Population verschwindend klein - und für den Menschen vollkommen ungefährlich. Sollten sich die Räuber aber tatsächlich wieder ausbreiten, so muss die Bevölkerung in den betroffenen Revieren schnell aufgeklärt werden, um "möglichen Ängsten oder Vorurteilen zu begegnen", so Christian Pichler vom WWF. Denn die Rufe nach einem "Abschuss" könnten schnell laut werden, sobald die Tiere einmal ihre Zähne zeigen.

Bär zum zweiten Mal ausgestorben

Beim Bär geht es aber inzwischen gar nicht mehr um seine Wiederansiedlung, es geht um seine Rettung. In Österreich gilt er zum zweiten Mal als ausgestorben. Dabei hat es lange Zeit gut ausgesehen: 1972 ist eines der wenigen überlebenden Exemplare im Alpenraum von Slowenien nach Österreich eingewandert, 1999 wurden bereits zwölf Individuen gezählt.

Doch dann kam der Rückschlag. Mehr als 20 Bären sind im Laufe der Jahre aus völlig ungeklärter Ursache verschwunden. Der WWF vermutet, dass sie unter anderem illegal geschossen wurden. "Moritz", der letzte braune Räuber, wurde seit dem Jahr 2011 nicht mehr gesehen. "Was in Österreich bleibt sind einige Bären in Kärnten. Diese stammen aus Italien und Slowenien, besuchen gelegentlich Österreich und wandern dann wieder ab", erklärt Pichler.

Aufgeben will man den Braunbären aber auf keinen Fall. "Die Bemühungen des WWF konzentrieren sich jetzt auf Dreiländereck Österreich-Italien-Slowenien, weil es das Schlüsselgebiet für die Wiederansiedlung ist", sagt Pichler. Doch sorgt sich der WWF als Artenschutzorganisation nicht vordergründig um einzelne Tiere, sondern um den Erhalt der Art insgesamt. "Deshalb unterstützen wir das Ziel der EU Fauna-Flora-Habitatrichtlinie nach einer stabilen, sich selbst erhaltenden Bärenpopulation in den Alpen", so Pichler.

Wolf: Im 19. Jahrhundert verfolgt

Kaum ein Tier wurde in Österreich so brutal gejagt wie der Wolf. 1882 war das blutige Gemetzel vollendet, in der Steiermark erlosch das letzte Rudel der Tiere. Die Tage des wilden Urahn des Hundes waren in dem Moment gezählt gewesen, als er sich an den Haustieren der Menschen vergangen hatte. Dabei geschahen die Übergriffe damals aus schierer Not heraus: Die Wölfe fanden in den leergejagten Wäldern keine Beute mehr, immer mehr Anteile ihres Reviers wurden Raub der sich rapide ausbreitenden Landwirtschaft.

Heute steht der Rückkehr des Wolfes nach Österreich eigentlich nichts mehr im Weg. Die Schalenwildbestände haben zugenommen, der Verfolgungsdruck hat nachgelassen. In einigen nahen Ländern haben die grauen Tiere auch bereits wieder Fuß gefasst, auch wenn die Populationen bisher klein ist. Zehn bis 20 Exemplare sind es in der Schweiz, über 100 in Deutschland, 140 in Frankreich und 500 bis 800 in Italien.

Transitland Österreich

Österreich ist für die scheuen grauen Tiere bisher vor allem ein gern genutztes Durchzugsgebiet. Entsprechend haben auch die Sichtungen in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Nachgewiesen wurden 2010 sieben einzelne Individuen, 2011 waren es drei. Eine Fortpflanzung - und damit auch eine Wiederansiedlung - gab es bisher aber nicht. Für den WWF ist es jedoch nur mehr eine Frage der Zeit, bis der Wolf wieder in Österreich heimisch wird. Dementsprechend schnell sollte ein Managementplan erstellt werden, der als Leitfaden für das Miteinander von Mensch und Wolf und als Grundlage für das Handeln im Falle von Konflikten fungiert.

Der Luchs teilte das Schicksal des Wolfes. Neben seinem schlechten Ruf als "Wildschädling" machten ihm vor allem die ausufernde Waldnutzung und die damit einhergehende Reduzierung seiner natürlichen Beute ein Überleben in Mitteleuropa unmöglich. In großen Teilen Nord-, Ost- und Südosteuropas ist der Luchs aber niemals verschwunden.

Luchs hat Überlebenskampf noch nicht gewonnen

Inzwischen haben sich auch für den Luchs die Voraussetzungen zum Positiven verändert. Neben der Erholung der Huftierbestände hat es vor allem die Umsetzung von strengen Schutzbestimmungen ermöglicht, dass sich die verbleibenden Luchspopulationen stabilisieren und teilweise erholen konnten. Ab 1970 gab es außerdem verschiedene Wiederansiedlungsversuche in der Schweiz, in Slowenien, Österreich, Frankreich, Italien, Deutschland und Tschechien.

Doch auch der Luchs hat seinen Überlebenskampf in Mitteleuropa noch nicht gewonnen. Die heutigen Verbreitungsgebiete sind laut WWF noch viel zu stark zerstückelt und die Gruppen zumeist klein. "Langfristig können Luchse hier nur dann überleben, wenn es gelingt, die einzelnen Populationen zu fördern und miteinander zu verknüpfen, um den genetischen Austausch sicherzustellen", sagt Pichler. Dabei könnte Österreich durch seine zentrale Lage eine Schlüsselrolle spielen. Wenn sich hierzulande mehr Luchspaare ansiedeln würden, könnte die Vernetzung der entfernten Populationen gelingen. Platz gäbe es in Alpen jedenfalls genug. (Gerwin Haider/APA, 10.8.2012)