Michael Spindelegger will als Chef der ÖVP auch in den Ländern durchgreifen können - "bis hin zum Parteiausschluss".

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Wien - Das Vorhaben ist heikel, ein Streit innerhalb der Volkspartei scheint vorprogrammiert: Der Bundesparteichef will in den Ländern nicht nur mitreden, er fordert ein Durchgriffsrecht ein.

Der Schock nach dem viel zu spät erfolgten Rücktritt des früheren Kärntner VP-Chefs Josef Martinz sitzt allerorts tief, dennoch wollen sich nicht alle ÖVP-Landeschefs die Autonomie in Personalfragen nehmen lassen. Michael Spindelegger will nämlich bei Verstößen gegen den Verhaltenskodex der ÖVP Konsequenzen "bis hin zum Parteiausschluss" setzen können: "Das werden wir bei nächster Gelegenheit statutarisch auch so festhalten", kündigte er via News an.

Neuordnung "nicht nötig"

Sicher nicht, sagt dazu der Salzburger Landeschef Wilfried Haslauer. " Ein Durchgriffsrecht der Bundespartei auf die Salzburger Volkspartei ist für mich kein Thema", stellte Haslauer am Donnerstag klar. Die Salzburger Volkspartei sei schließlich eine eigenständige Partei, die auch von keinerlei Skandalen betroffen sei. Haslauer verstehe zwar das Bestreben von Michael Spindelegger, für Ordnung zu sorgen, aber: "Bei uns ist das nicht nötig, wir gehen unseren Salzburger Weg, der von Transparenz, Sauberkeit und Ordnung geprägt ist, selbst."

Auf ungewöhnlich harten Granit beißt Spindelegger auch im ansonsten eher streichelweichen Burgenland. Am Vormittag wurde noch - telefonisch von Urlaubsort zu Urlaubsort - um eine diplomatische Haltung gerungen. Vergebens. Um die Mittagszeit kam aus dem Urlaubsort Purbach, wo Landeschef Franz Steindl daheim ist, ein "Ich halte davon eigentlich nicht besonders viel". Als besonders deutlich, nämlich retourkutschenverdächtig, darf der Hinweis gelten, es habe "sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene Verfehlungen gegeben".

Nicht alle reagierten so ablehnend. In Vorarlberg will man vorerst abwarten. "Wenn Spindelegger mit uns, den Ländern, genaue Daten und Fakten zum Durchgriffsrecht besprochen hat, werden wir uns überlegen, wie wir reagieren", erklärte Landesgeschäftsführer Dietmar Wetz, um gleich festzuhalten: "Für Vorarlberg sehe ich keinen Bedarf, dass vom Bundesparteiobmann durchgegriffen wird."

Aus den Bünden gab es hingegen Lob für den Vorstoß. Auch Oberösterreichs Landeschef Josef Pühringer zeigte sich nicht abgeneigt. Dem Parteichef alleine will er die neuen Machtbefugnis aber nicht geben. Er habe " grundsätzlich nichts dagegen, dass der Bundesparteivorstand in Fällen, in denen die Landesorganisationen nicht oder zu spät handeln, ein Eingriffsrecht besitzt".

Wenig Widerspruch war aus der gebeutelten Kärntner Landesgruppe zu erwarten. Der geschäftsführende Parteichef Gabriel Obernosterer pocht zwar auf die "Eigenverantwortung der Länder", sieht aber eine Ausnahme: Wenn bei heiklen Fragen innerhalb der Partei keine Mehrheiten zustande kommen, dann müsse der Bundesparteiobmann die Möglichkeit haben, einzugreifen. Einen neuen Fall Martinz will man auch anders verhindern: Die Statuten werden geändert. Künftig soll ein Parteichef bei einer Anklage seine Ämter ruhend stellen und ein Parteisprecher nominiert werden.

Bei "Gefahr in Verzug"

Steiermarks Landeschef Hermann Schützenhöfer kann sich vorstellen, über eine " Art Noteingriffsrecht des Parteivorstandes" zu reden. Wiens VP-Chef Manfred Juraczka hält es für "legitim", wenn der Bundesparteiobmann bei "Gefahr im Verzug" auch einen Parteiausschluss vollziehen kann - in einer außergewöhnlichen Krisensituation. Ebenfalls gesprächsbereit ist Tirols Landeshauptmann Günther Platter.

Tags zuvor hatte schon Erwin Pröll sein Plazet gegeben: Fehle es an Selbstreinigungskraft im Land, müsse man ja eigentlich dankbar sein, wenn der Bundesparteiobmann für Ordnung sorge, hatte er in der ZiB 2 gesagt. Der niederösterreichische Landeshauptmann hat aber auch eine deutliche Warnung für Spindelegger parat: Ein Durchgriffsrecht könne keine Einbahnstraße sein. (juh, kali. mue, pm, ruep, ver, wei, DER STANDARD, 10.8.2012)