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Yvonne Schuring und Viktoria Schwarz hatten etwas mehr als sieben Zehntel Rückstand auf Bronze. Das ist relativ viel in der Kanuwelt.

Foto: APA/Fohringer

Die Malarbeiten waren intensiv, sei es in der lieben Heimat oder in ihrer Londoner Dependance, dem Österreich-Haus. Und jetzt ist er also an der Wand, der Teufel. Weil gemalt wurde - und weil am Donnerstag auf dem überaus malerischen Dorney Lake zu Eton ein fünfter Platz herausgekommen ist. Österreichs letzte echte Medaillenhoffnung, der Kajak-Zweier mit Yvonne Schuring und Viktoria Schwarz, hatte 0,785 Sekunden Rückstand auf Bronze, das hinter Deutschland und Ungarn an Polen ging. Und deshalb sieht es nun ganz danach aus, als würde Österreich bei den Olympischen Sommerspielen 2012 ohne Medaille bleiben.

Alles andere wäre schon eine Sensation. Sechs Österreicher sind bis Sonntag noch im Einsatz: Caroline Weber (Rhythmische Sportgymnastik), Thomas Daniel (Moderner Fünfkampf), Elisabeth Osl, Karl Markt, Alexander Gehbauer (alle Mountainbike) und Günther Weidlinger (Marathon). Osl, Gesamtweltcupsiegerin 2009, will am Samstag ihren elften Olympiaplatz von Peking 2008 verbessern, traut "mindestens acht Leuten" eine Medaille zu, will sich selbst aber nicht miteinbeziehen. "Damit würde ich mir nichts Gutes tun. Ich rechne nicht mit einer Medaille. Das wäre auch zu viel Druck."

Die Fliegen

Wenn Osl und der Teufel recht behalten, wird das ÖOC ein historisches Ergebnis erzielen. Tokio 1964 wäre eingestellt, doch sei dem Vergleich hinzugefügt, dass sich Tokio 1964 und London 2012 nur schwer vergleichen lassen. Tokio: 56 ÖOC-Sportler, 163 Entscheidungen in 19 Sportarten. London: 70 ÖOC-Sportler, 302 Entscheidungen in 26 Sportarten. Auch vor 48 Jahren gab es keine Medaille, das wäre die große Parallele. Ein vierter Platz des Florettfechters Roland Losert war das Nonplusultra, hinzu kamen fünfte Plätze von Günther Pfaff (Kanu), Hubert Raudaschl (Segeln) und Gerhard Zotter (Judo).

2012 verbuchte Österreich dank Schwimmer Dinko Jukic und der Segler Delle-Karth/Resch zwei vierte Plätze, die Schwaiger-Schwestern im Beachvolleyball sowie Schuring/Schwarz im Paddeln verbuchten fünfte Plätze. Sie alle und einige andere, allen voran die Hürdensprinterin Beate Schrott, haben weder enttäuscht, noch waren sie es.

Also durchaus stellvertretend für viele Teamkolleginnen und -kollegen beurteilten Schuring und Schwarz ihre Leistung. "Ein fünfter Platz bei Olympia ist eigentlich ein Wahnsinn", sagte Schwarz. "Wir wollten unsere Leistung abrufen, das ist uns gelungen", sagte Schuring. "Der fünfte Platz war das realistische Ergebnis", sagte Schwarz. "Wir sind mit dem Rennen sehr zufrieden, haben uns seit Peking um vier Plätze gesteigert", sagte Schuring. Dass es noch besser laufen kann, hatten die beiden als Weltmeisterinnen 2011 bewiesen. Heuer aber gab's schon vor den Spielen keinen Stockerlplatz und auch im Semifinale nur die fünfte Zeit. So gesehen wäre eine Medaille eher überraschend gekommen.

Die Kritik des Trainers

Schuring (34): "Klar, wenn man mitfährt, dann will man eine Medaille. Aber dafür hätten wir ein perfektes Rennen gebraucht. Aber wir sind zufrieden. 0,7 Sekunden Rückstand zur Medaille, das hört sich wenig an, ist aber in der Kanuwelt relativ deutlich." Schwarz (27): "Die Spiele in Rio 2016? Wir sind beide jung, vor hätten wir es schon." Nandor Almasi, 59-jähriger Ungar und Trainer der Österreicherinnen, kennt sich im Paddeln aus wie kaum ein anderer. Er sagte, da sei "noch viel drinnen in diesem Boot". Und er deutete an, dass die Vorbereitung in den vergangenen Tagen nicht optimal verlaufen sei

Am Dienstag waren Schuring/Schwarz von ihrem Außenquartier ins Österreich-Haus gefahren, um dem Galaabend ihres Bundeslands Oberösterreich beizuwohnen. Knapp zwei Stunden hin und wieder retour. " Das war vielleicht nicht optimal", sagte Almasi. "Sie hätten rasten sollen, ich wollte eigentlich gar nicht hinfahren." Doch Schuring und Schwarz wollten oder fühlten sich einfach verpflichtet.

Auch das eine Frage, auf die ÖOC-Präsident Karl Stoss wahrscheinlich eingehen wird - aber erst am Samstag, wenn er offiziell bilanziert. Zumindest die Mountainbikerin Osl will Stoss also noch abwarten. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Dreimal übrigens ist das ÖOC-Team mit bloß einer Bronzemedaille von Olympischen Spielen heimgekehrt: 1908 (London) verhinderte der Schwimmer Otto Scheff, 1976 (Montreal) der Schütze Rudolf Dollinger und 1984 (Sarajevo) der Abfahrer Anton "Jimmy" Steiner das Schlimmste. 1984, weil Winterspiele, war natürlich eine ganz besondere Tragödie. Und, als hätte es seines noch bedurft, der Beweis dafür, dass der Teufel nie schläft. (Fritz Neumann, DER STANDARD, 10.08.2012)