Für die Awá ist der Regenwald nicht nur Lebensraum, sondern vielmehr Universum. Die Verbindung des Volkes zur immergrünen Umwelt durchdringt alle Alltagsbereiche, die Erhaltung ist ein wichtiger Bestandteil.

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Die Bedrohung kommt von Holzfällern und Viehzüchtern. So ist eines der rechtlich geschützten Awá-Gebiete schon zu 30 Prozent abgeholzt. Kein Wald in Brasilien verliert schneller an Größe als jener, in dem verschiedene Gruppen des Indigenen Volkes leben.

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Wie sehr das Überleben der Awá bedroht ist, zeigt die Hilfsorganisation Survival International auf: "Nicht nur die Awá schätzen die riesigen Bäume des Waldes: Obwohl ihr Gebiet gesetzlich geschützt ist, bereichern sich hier Gruppen krimineller Holzfäller. Ihr Vormarsch wird nur durch den Widerstand der Awá und den Beginn der Regenzeit verzögert. Die Regierung hingegen ist an der Grenze kaum präsent."

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Doch Konzerne schlagen immer größere Schneisen in die Protektorate des Volkes: "Wenn der Regen nachlässt, kehren die Holzfäller zurück und die Viehzüchter brennen noch mehr vom Wald der Awá nieder. Schwarze Rauchschwaden steigen dann zwischen den Baumkronen auf und verdunkeln die Sonne. Der Wald knistert: Es fühlt sich an, als wäre es das Ende der Welt", heißt es weiter in dem Bericht.

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Wie sehr das Gebiet gefährdet ist, soll ein Vergleich von Satellitenbildern zeigen. Dieses Foto stammt aus dem Jahr 1985. Die weiß umrandete Fläche ist das offizielle Awá-Schutzgebiet.

Foto: Survival International

Diese Aufnahme entstand 2010 und verdeutlicht, mit welcher Rücksichtslosigkeit in den Lebensraum der Awá eingedrungen wird. "Die Außenstehenden kommen hierher und auf einmal scheint es, als würde unser Wald aufgefressen", sagt Takia Awá.

Foto: Survival International

Es gibt unter den Awá auch Gruppen, die noch unkontaktiert sind. Diese nomadischen Stämme leben meist außerhalb des Reservats und bewegen sich immer zwischen ihren Jagdgebieten. Auch sie leiden unter den massiven Rodungen des Urwalds.

Foto: Pugliese/Survival

Im Gegensatz zu sesshaften Awá (Bild) haben unkontatierte Gruppen immer alles Wichtige bei sich: "Pfeil und Bogen, Kinder, Haustiere. Alles was sie besitzen stammt aus dem Wald: die geflochtenen Körbe aus Palmenblättern, die Schleifen aus Reben, die zum Klettern der Bäume genutzt werden, und das Baumharz, das beim Verbrennen Licht gibt", berichtet Survival International.

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Wie groß der unglaubliche Reichtum an Bodenschätzen in dem Gebiet ist: Die Carajás-Mine, 600 Kilometer östlich der Schutzzone der Awá, hat ein Potenzial von sieben Milliarden Tonnen Eisenerz und ist damit die größte der Welt. Bis zu zwei Kilometer lange Züge fahren rund um die Uhr zwischen Mine und Atlantik - und nähern sich Wäldern, in denen noch unkontaktierte Awá leben.

Screenshot: Survival International

Anfang August des Jahres konnte ein Erfolg gegen die ausbeuterischen Machenschaften gefeiert werden. Ein brasilianisches Gericht sprach gegen den Bergbaugiganten Vale einen sofortigen Stopp der Arbeiten entlang der Carajás-Bahnstrecke aus. Bei Übertretungen sind 25.000 US-Dollar pro Tag fällig. Ob das abschreckend genug ist? Unterdessen werden weiterhin neue Wege gefunden, um tonnenweise Ressourcen aus dem Regenwald zu schaffen.

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Für die Awá entstehen durch die Ressourcenausbeutung aber noch andere Gefahren. Als in den 1980er Jahren die 900 Kilometer lange Bahnstrecke gebaut wurde, nahmen die Behörden Kontakt zu isoliert lebenden Awá auf und überzeugten sie, sich sesshaft zu machen.

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Allerdings wurden dadurch Malaria und Grippe eingeschleppt. "Von 91 Menschen in einer der kontaktierten Gemeinden waren vier Jahre später nur noch 25 am Leben", so der Survival-Bericht.

Foto: Pugliese/Survival

Wenig überraschend, dass Begegnungen mit der brasilianischen Mehrheitsgesellschaft bei den Awá oft Unverständnis hinterlässt: "Als er zum ersten Mal eine Stadt sah, dachte Kleiner Stern Awá, dass die Bewohner ganz oben auf den Gebäuden wohnen - wie Affen, die in den Baumwipfeln schlafen. Er konnte nicht verstehen, warum einige Menschen auf der Straße lebten und niemand ihnen Essen oder Unterkunft anbot."

Foto: Pugliese/Survival

Die Namen der Awá-Kinder weden erst ausgewählt, wenn sie ein Alter erreicht haben, in dem sich die passende Bezeichnung von selbst herauskristallisiert hat. Übersetzt heißen sie dann Papagei, Wald-Baum, Taube oder wenn es ein besonders zappeliges Kind ist: Regenwurm.

Foto: Survival International

Das beliebteste Haustier der Awá sind Affen, die als hanima, Teil der Familie, anerkannt werden. Das gilt auch, wenn die Tiere zurück in den Wald gehen. Wilde Affen sind eine wichtige Nahrungsquelle, aber Familienmitglieder kommen niemals auf den Speiseplan.

Foto: Pugliese/Survival

Über die mystischen Rituale der Awá schreibt Survival International: "Später, wenn der Gesang der Erwachsenen lauter wird und die Männer zum Ort der Geister unterwegs sind, schlafen die Kleinkinder im Mondschein. Es werden weder Drogen noch Alkohol eingenommen: Allein der Gesang versetzt die Männer in Trance"

Foto: Survival International

Verschwinden ihre Wälder, verliert das Volk seine komplette Lebensgrundlage. Ein Awá mit dem Namen Messerschneide bringt es auf den Punkt: "Wenn ihr den Wald zerstört, zerstört ihr auch uns."

Foto: Survival International

Ein prominenter Fürsprecher der Awá ist der englische Schauspieler Colin Firth. Der Appell des Oscar-Preisträgers ("The King's Speech") an die Verantwortlichen: "Ein Mann kann es stoppen: Der Justizminister von Brasilien. Doch im Moment scheint ihn das Thema nicht zu interessieren. Das müssen wir ändern." (mob, derStandard.at, 9.8.2012)

Links:

Hintergrund zu den Awá auf Survival International 

Brasilianisches Gericht stoppt Bahnprojekt in der Nähe des bedrohtesten Volkes der Welt

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