Stofftiere vor dem Innenministerium: Mit Protesten gegen die Abschiebepraxis dürfte Ministerin Mikl-Leitner auch am Mittwoch in Salzburg zu tun bekommen.

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Salzburg - Ursula Lang, pensionierte Krankenschwester aus Salzburg, kämpft noch immer mit den Tränen: "De facto heißt das, dass meine Enkelin, die Melina, Österreich verlassen hätte müssen." Melina ist knapp drei Monate alt, die Tochter des Ehepaares David und Gülizar Lang und österreichische Staatsbürgerin.

Seit Freitag vergangener Woche hat ihre aus der Türkei stammende Schwiegertochter kurdischer Herkunft einen Ausreisebescheid in der Hand, berichtet Ursula Lang. Der nach dem negativen Asylbescheid gestellte Antrag auf humanitäres Bleiberecht sei abgewiesen worden.

Dies, obwohl ihre Schwiegertochter, die seit 2006 in Österreich lebt "bestens integriert ist." Sie habe sogar ein freiwilliges Praktikum beim Sozialverein Lebenshilfe absolviert. Da aber die kleine Melina - sie wird gestillt - schlecht allein bei ihrem Vater, der als Koch für den Familienunterhalt sorge, bleiben könne, hätte sie Österreich verlassen müssen, sagt Großmutter Lang.

Abschiebung vorerst kein Thema

Nachdem sich die in der Salzburger Plattform für Menschenrechte zusammengeschlossenen Aktivisten des Falles angenommen hatten, ist am Dienstag die Landespolitik aktiv geworden. Familienlandesrätin Tina Widmann (ÖVP) habe in einem Telefonat mit Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) erreicht, dass die Abschiebung vorerst einmal kein Thema sei, bestätigte ein Sprecher Widmanns auf Anfrage des Standard.

Widmann geht davon aus, dass nach einer neuerlichen Prüfung die Causa positiv abgeschlossen werden kann und die junge Mutter in Salzburg bleibt. Hilfe hat auch das Büro von Landeshauptfrau Gabi Burgstaller (SPÖ) zugesagt. Man werde sich gemeinsam mit den Behörden um eine gesetzeskonforme Lösung bemühen.

Plattformsprecher Josef Mautner fordert indes von den Behörden einen Abschiebestopp in allen Fällen, in die Kinder involviert sind. Mautner verweist darauf, dass Burgstaller Innenministerin Mikl-Leitner um Klärung der Frage ersucht habe, "wie sich die Verankerung der Kinderrechte in der Bundesverfassung auf den Vollzug des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes auswirkt". Aus seiner Sicht dürfe es bis zu Klärung dieser Frage nicht nur keine neuen Bescheide geben, sondern auch bei Fällen, "die bereits negativ beschieden wurden", sei abzuwarten, sagt Mautner.

Familie zerrissen

Keine Lösung hat es für eine armenische Familie aus Hallein gegeben. Trotz Bemühungen mehrerer Nachbarn wurden die 45-jährige Mutter und ihr achtjähriger Sohn von der Polizei Montagfrüh nach Wien gebracht. In der Nacht auf Dienstag sind die beiden mit einem Flugzeug nach Moskau geflogen. Der Ehemann und zwei weitere Kinder sind in Hallein zurückgeblieben.

Kritik gibt es an der Methode der Abschiebung: Man habe der Frau erzählt, dass sie freiwillig nach Moskau fliegen müsse, da sie sonst in Schubhaft komme und ihr das Kind weggenommen werde, berichten Unterstützer der Familie. Die verunsicherte Frau habe daraufhin einer " freiwilligen Ausreise" zugestimmt.

Ministerin Mikl-Leitner wird am Mittwoch in Salzburg zur Eröffnung einer neuen Polizeiwachstube erwartet. Menschenrechtsaktivisten haben angekündigt, die Ministerin mit den Abschiebefällen zu konfrontieren. (Thomas Neuhold, DER STANDARD, 8.8.2012)