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Der Anlagenbauer Andritz verzeichnet einen kräftigen Gewinnsprung.

Foto: apa/martin stickler

Wien - Der börsenotierte steirische Technologiekonzern Andritz hat mit 2,438 Mrd. Euro im 1. Halbjahr 2012 einen im Vergleichszeitraum des Vorjahres um 21 Prozent höheren Umsatz erwirtschaftet. Alleine im 2. Quartal betrug der Umsatz 1,252 Mrd. Euro, um 15,1 Prozent mehr als im 2. Quartal 2011. Der Auftragseingang lag allerdings um 29,9 Prozent tiefer als im 1. Halbjahr 2011 und machte 1,193 Mrd. Euro aus. "Das sieht schrecklich aus, ist es aber nicht", sagte Vorstandschef Wolfgang Leitner am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Wien.

Beide Kennzahlen erklären sich aus zwei Großaufträgen im Ausmaß von 1,1 Mrd. Euro (aus den Bereichen Pulp & Paper bzw. Metals), die der Konzern im 1. Halbjahr des Vorjahres erhalten hatte und nunmehr mit deren Abarbeitung begann. "Ohne diese beiden Aufträge liegen wir praktisch gleich", so Leitner.

Der Auftragsstand insgesamt blieb mit minus 4 Prozent fast unverändert und betrug zum Ende des ersten Halbjahres bzw. 2. Quartals 6,936 Mrd. Euro. Das operative Ergebnis (EBIT) kletterte um gut 16 Prozent auf 143 Mio. Euro, das Ergebnis vor Steuern und Abschreibungen (EBITDA) um knapp 18 Prozent auf 185 Mio. Euro. Leitner sprach von einem "erfreulichen 1. Halbjahr".

Das Konzern-Ergebnis nach Abzug von Minderheitsanteilen erhöhte sich deutlich um 23 Prozent auf 109 Mio. Euro. Die Bilanzsumme blieb mit plus zwei Prozent und 4,657 Mrd. Euro stabil. Die Eigenkapitalquote lag praktisch unverändert bei 20,3 Prozent nach 20,6 Prozent im Halbjahr 2011.

Bestätigte Zahlen

Analysteneinschätzungen zum Halbjahr wurden mit den offiziellen Zahlen im Großen und Ganzen bestätigt. Experten von der Raiffeisen Centrobank (RCB), der Erste Group und von Kepler Capital Makets waren von einem Ordereingangseinbruch von 30 Prozent ausgegangen. Im Schnitt war eine Umsatzsteigerung von 21 Prozent und ein um 18 Prozent verbessertes EBIT erwartet worden. Beim EBITDA lagen die Analysten mit der Einschätzung, es werde um 18 Prozent steigen, goldrichtig.

Durch die (von Kartellbehörden noch zu genehmigende) Steigerung des Anteiles am schwäbischen Metallpressenherstellers Schuler auf 63,5 Prozent könnte der Umsatz von Andritz im Gesamtjahr locker die 5 Mrd. Marke überspringen und eventuell sogar 6 Mrd. Euro übertreffen. Die Investition sei für Andritz "ein großer Schluck aus der Pulle" gewesen, aber es handle sich "um keine transformierende Akquisition", sagte Leitner. "Und die Flasche ist noch gut gefüllt", spielte er auf die liquiden Mittel von Andritz an, die sich im Halbjahr - nach der Akquise - immer noch auf 1,205 Mrd. Euro netto (minus 14 Prozent im Vergleich zum Gesamtjahr 2011) beliefen.

Für die Steigerung des Schuler-Anteiles (man hielt bereits 36,5 Prozent, will um 25 Prozent steigern) seien 150 Mio. Euro geflossen. Leitner erwartete sich durch Schuler eine Umsatz- und Mitarbeitersteigerung der Andritz-Gruppe um jeweils 20 Prozent. Die Mitarbeiterzahl klettert durch die Akquise auf insgesamt 22.000 bis 23.000, so Leitner. Für Andritz ohne Schuler waren im 2. Halbjahr 17.420 Mitarbeiter tätig, um 4,0 Prozent mehr als zum 31. Dezember 2011; davon in Österreich 3.393.

Steigende Unsicherheit

Für das gesamte Geschäftsjahr 2012 erwartete Leitner "trotz der steigenden Unsicherheit über die weitere wirtschaftliche Entwicklung in unseren Hauptabnehmerindustrien sowie China und Südamerika in der Mehrzahl der von uns bedienten Märkte noch eine ausreichende Projektaktivität". Die "steigende Unsicherheit" sei zugleich "die größte Sorge" des Unternehmens - "auch wenn wir weltweit nirgends Katastrophenszenarien sehen", so Leitner.

Er meinte auch, "es könnte ja auch sein, dass der Euro abgeschafft wird; das kann man durchrechnen, aber echtes Vorbauen ist da nicht möglich".

Insgesamt gebe es in den Branchen, in denen Andritz tätig ist, keinen Abschwung, man rechne weiter mit im Gesamtjahr höherem Umsatz sowie einem gesteigerten Ergebnis. In welcher Höhe die Steigerung ausfallen werde, wollte Leitner nicht kommentieren.

Mittelfristig stimme besonders optimistisch, dass die erneuerbaren Energien am Vormarsch seien, meinte Leitner. In Sachen Zellstoff gebe es bereits relativ konkrete Pläne für Großprojekte, bei denen spätestens im 1. Quartal 2013 mit einer Entscheidung gerechnet werden könne; "über zwei, drei Großaufträgen schweben aber auch Fragezeichen", so Leitner.

Im Geschäftsbereich "Hydro" (Wasserkraft) stiegen die Auftragseingänge um 1,5 Prozent auf 1,113 Mrd. Euro. Auch der Umsatz lag mit 807 Mio. Euro minimal über dem Niveau des 1. Halbjahres 2011. Das Marktumfeld sei solide, weiter werde "viel in Lateinamerika und Asien" gebaut - "auch Kleinkraftwerke". Das EBITDA stieg um 3,5 Prozent auf 74,7 Mio. Euro.

Zellstoff

Im Bereich "Pulp & Paper" (Zellstoffanlagen) gab es das riesige Minus von 52,2 Prozent im Auftragseingang auf 981,2 Mio. Euro. Auch der Auftragsstand lag am Ende des 1. Halbjahres heuer mit 2,109 Mrd. Euro um 21,3 Prozent tiefer als zum selben Zeitpunkt 2011. Der Auftragseingang sei aber trotzdem "zufriedenstellend"; auch ist der Umsatz durch den Start der Abarbeitung zweier großer Aufträge aus dem Vorjahr um 46,5 Prozent auf 1,164 Mrd. Euro geklettert. Das EBITDA stieg um 37,2 Prozent auf 78,5 Mio. Euro.

Der Bereich "Separation" sei von einem guten Marktumfeld für industrielle und kommunale Fest-Flüssig-Trennung gesegnet, eine Verlangsamung des Wachstums sei im kommenden Quartal aber möglich. Der Auftragseingang stieg in diesen Bereich um 9,5 Prozent auf 259,4 Mio. Euro, der Auftragsstand um 9,1 Prozent auf 316,5 Mio. Euro und der Umsatz um knapp 12 Prozent auf 200,5 Mio. Euro. Ein Minus von 12,9 Prozent im Vergleich zur Vorjahresperiode brachte ein EBITDA von 13,5 Mio. Euro.

Eine "durchaus positive Entwicklung" sah der Vorstandschef auch in der Division "Metals", in der der Auftragseingang um fast 40 Prozent auf 111,3 Mio. Euro einbrach und der Auftragsstand aktuell mit 453,6 Mio. Euro um 16,1 Prozent tiefer liegt, als vor einem Jahr. Das EBITDA kletterte aber um 51,4 Prozent auf 10,6 Mio. Euro und der Umsatz stieg um 9,0 Prozent auf 176,7 Mio. Euro. "Wir rechnen in diesem Bereich im 2. Halbjahr heuer auch mit einer Belebung", erklärte Leitner. Das Marktumfeld für Ausrüstungen zur Produktion und Verarbeitung von Stahlbändern sei bedingt durch Überkapazitäten aber schwach. (APA, 7.8.2012)