Gedanken an seinen Olympiatriumph in Peking sind erlaubt. "Natürlich bleiben die Erinnerungen für immer in meinem Kopf, die verdränge ich auf keinen Fall", sagt Matthias Steiner. Über die emotionalen Momente will der 29-jährige Gewichtheber aber kaum mehr sprechen. "Die Geschichte ist auserzählt." Neuen Gesprächsstoff soll London liefern.

Vor vier Jahren brachte Steiner im Zweikampf 461 kg zur Hochstrecke. Sein folgender Jubelausbruch ist legendär, mit Bundestrainer Frank Mantek hüpfte der 145-kg-Koloss wie ein Michelin-Männchen durch die Halle. Als Steiner bei der Siegerehrung mit Tränen in den Augen ein Foto seiner ein Jahr davor verstorbenen Frau Susann in die Kameras hielt, war das für Millionen von TV-Zuschauern der Augenblick der Spiele. Der gelernte Installateur aus Obersulz im Weinviertel, der sich nach einem Streit 2005 vom österreichischen Verband lossagte, kam als Superstar zurück nach Deutschland - und das in einer Randsportart.

Steiner wurden rote Teppiche ausgebreitet, Fernsehstationen rissen sich um seine Geschichte. Der Superschwergewichtler erzählte sie gerne, auch wenn das Training darunter litt. Die Heirat mit seiner zweiten Frau, der TV-Moderatorin Inge Posmyk, sorgte für weitere Schlagzeilen, im März 2010 wurde Sohn Felix geboren. "Ich wollte lange nicht wahrhaben, ein Boulevardsportler geworden zu sein", sagt Steiner, der heute mit der Society-Welt abgeschlossen hat.

Mit Ausnahme des Vizeweltmeistertitels 2010 blieben die Erfolge aus. Im September 2011 riss er sich die Quadrizepssehne im linken Bein, er investierte sieben harte Monate in sein Olympia-Comeback. Bei der EM 2012 in Antalya wurde er mit seiner Jahresbestleistung von 424 kg Zweiter. In Ruhe und Abgeschiedenheit bereitete sich Steiner zuletzt im steirischen Schielleiten auf sein Ziel London vor. "Ich träume von einer Medaille", sagte Steiner vor seinem Wettkampf am Dienstag (20, ORF eins). "Das Feuer brennt." (David Krutzler, DER STANDARD, 07.08.2012)