Rot ist das neue Schwarz haben deutsche Astronomen ihre aktuelle Studie zur Lichtverschmutzung betitelt. Der Himmel über Berlin zeigt, warum.

Foto: Christopher Kyba

Berlin - "Rot ist das neue Schwarz" lautet der Titel einer Publikation deutscher Astronomen in den "Monthly Notices of the Royal Astronomical Society". Darin konstatierten Forscher vom Institut für Weltraumwissenschaften der Freien Universität Berlin und vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei, dass künstliche Beleuchtung über städtischen Ballungsgebieten - gemessen am Beispiel Berlin - einen bewölkten Nachthimmel nicht nur aufhellt, sondern auch rötlich färbt. Derzeit ... denn Blau ist im Kommen.

"In annähernd jeder Epoche der Erdgeschichte haben Wolken den Tag- und Nachthimmel verdunkelt", sagt Franz Hölker, Ökologe am Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei sowie Leiter des Interdisziplinären Forschungsverbunds "Verlust der Nacht". Heute ist in Regionen mit starker Beleuchtung nachts jedoch das Gegenteil der Fall, wenn die Wolkenschicht das künstliche Licht reflektiert. 

Der zweite Färbegang

Den Messungen nach ist in Berlin das blaue Licht eines bewölkten Nachthimmels siebenmal heller als in unbewölkten Nächten, das rote Licht achtzehnmal. Diese Quoten werden sich bei einem Wechsel zu LED-Straßenbeleuchtung jedoch ändern, sagen die Forscher. Christopher Kyba, Physiker an der Freien Universität und Hauptautor der Studie, erläutert, dass Innovationen in der Beleuchtungstechnik unterschiedliche Farbspektren der Lampen mit sich bringen werden. "Der derzeitige weltweite Trend, Gasentladungsröhren durch LED-Lampen zu ersetzen, wird die Helligkeit und das Lichtspektrum des Nachthimmels erneut verändern." 

An unbewölkten Tagen streut die Atmosphäre besonders das kurzwellige blaue Licht. Deswegen geben die Wissenschafter zu bedenken, dass weiße LED-Leuchten ohne gesonderte Vorkehrungen bei Design und Einbau den Himmel in unbewölkten Nächten stark erhellen können. Sie weisen darauf hin, dass Städte, die sich für einen Wechsel zu LED-Beleuchtung entschieden haben, Leuchten anschaffen sollten, die ein nicht aufwärts gerichtetes, warmweißes Licht mit möglichst geringem Strahlungsanteil im blauen Spektralbereich abgeben.

Für viele Tiere sind bewölkte Nächte in Ballungsgebieten heute tausendmal heller, als sie es bis vor wenigen Jahrzehnten waren. Den Autoren der Studie zufolge könnte das zusätzliche Licht Räuber-Beute-Beziehungen beeinflussen, wie zum Beispiel zwischen Eulen und Mäusen. Um mögliche Auswirkungen auf Ökosysteme nachzuvollziehen, sei es daher nötig, den Nachthimmel langfristig zu beobachten. (red, derStandard.at, 6. 8. 2012)