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Riyad Hijab hat dem Regime den Rücken gekehrt.

Foto: Reuters/Al-Hariri

Damaskus/Amman - Die Reihen um den syrischen Machthaber Bashar al-Assad lichten sich. Am Montag setzte sich der erst im Juni ernannte Regierungschef Riyad Hijab ab und floh mit seiner Familie nach Jordanien. Er ist der höchstrangige Vertreter des Regimes, der Assad den Rücken gekehrt hat. Nach Angaben des Syrischen Nationalrates (SNC) sollen sich zwei weitere Minister und drei Offiziere Hijab angeschlossen haben.

"Ich sage mich heute los von dem Töten und dem terroristischen Regime und erkläre, dass ich mich den Reihen der Revolution für Freiheit und Würde anschließe", ließ Hijab über einen Sprecher auf Al-Jazeera erklären. "Ich erkläre, dass ich ab heute ein Soldat dieser gesegneten Revolution bin."

Hijab ist ein Sunnit aus Deir al-Zur im Osten des Landes, wo es teils heftige Kämpfe gegeben hat. Vor seiner Ernennung zum Premier war er Landwirtschaftsminister und galt als treuer Gefolgsmann Assads. In seiner Heimatregion hatte er 2004 bis 2008 eine leitende Funktion für das Regime inne, bevor er zum Gouverneur von Kuneitra im Süden und danach zum Gouverneur von Lattakia im Nordwesten ernannt wurde. Im April 2011 trat der Vater von vier Kindern in die Regierung ein.

Von Jordanien wollte Hijab nach Katar weiterreisen, erklärte ein Sprecher. In Damaskus soll nun sein bisheriger Stellvertreter, Omar Ghalawanji, eine Übergangsregierung anführen. Im März lief bereits Vize-Ölminister Abdo Hussameldin zur Opposition über und begründete dies mit der "Brutalität", mit der der Staatschef den 2011 begonnenen Aufstand niederschlagen lässt.

Aus der Armee gibt es täglich Desertionen. Rund 30 Generäle sind mittlerweile abtrünnig geworden. Besonders schmerzhaft für Assad dürfte Anfang Juli die Flucht von General Munaf Tlass gewesen sein: Er ist ein Jugendfreund des Präsidenten, sein Vater diente Assads Vater als Verteidigungsminister.

Pilot samt Kampfjet

Spektakulär war Ende Juni die Flucht eines Kampfpiloten, der sich samt Kampfjet nach Jordanien absetzte. Am Sonntag floh laut der Nachrichtenagentur Anadolu der Luftwaffen-General und erste syrische Astronaut Mohammed Ahmed Faris in die Türkei.

Laut der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte sind tausende Soldaten zur Freien Syrischen Armee (FSA) übergelaufen. Sie wurde im Juli 2011 von Deserteuren gegründet und kämpft gegen Assad. Unterstützung erhält sie auch von ausländischen Regierungen, Saudi-Arabien und Katar liefern Waffen.

Am Sonntag setzten sich laut Aufständischen drei Mitarbeiter des politischen Geheimdienstes nach Jordanien ab. Einer davon soll Chef der Informationsabteilung einer Geheimdiensteinheit in Damaskus gewesen sein.

Zuletzt kehrten auch immer mehr Diplomaten Damaskus den Rücken: Zunächst Syriens Vertreter im Irak, dann der Botschafter in den Vereinigten Arabischen Emiraten, die Geschäftsträgerin in Zypern, der ranghöchste Diplomat in London und ein Konsul in Armenien. (AFP, Reuters, red, DER STANDARD, 7.8.2012)