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Bei Kundenkarten haben Konsumenten oft die rosarote Brille auf: Alles billiger, alles besser, alles für die Familie. Doch stimmt das auch?

Foto: AP/Apichart Weerawong

An Kassen von Supermärkten, Drogerieketten oder Fetzentandlern aller Art entspinnt sich immer öfter derselbe Wordrap: "Kundenkarte?" - "Nein." - "Wollen Sie eine?" Dann muss man sich als Konsument unweigerlich die Frage stellen: Will ich eine? Kann ich es mir leisten, die Angebote, Rabatte, Geschenke, Punkte , Prozente, oder was auch sonst noch so als Lockmittel herhalten muss, auszuschlagen? Verzichte ich auf das Gefühl, einem erlauchten Kreis der Super-Kunden anzugehören, vielleicht sogar schon früher zu erfahren, was nächste Woche feilgeboten wird? Ja, bin ich als ganz normaler Kunde ganz ohne Familienzugehörigkeit zum Club der Einkaufsfreunde überhaupt noch ein vollwertiges Mitglied der Konsumgesellschaft?

Alle diese Fragen lassen sich eigentlich recht einfach mit Ja beantworten. Dennoch sorgt eine wahre Flut an Kundenkarten für ein fettes Geldbörserl - und das nicht unbedingt, weil man sich so viel Geld erspart hat. Erhebungen des Vereins für Konsumenteninformation (vki) zufolge, hatten im Jahr 2009 drei von vier Österreichern mindestens eine und durchschnittlich fünf Karten von einem Handelsunternehmen. Derzeit dürften um die 20 Millionen Kundenkarten in Österreich im Umlauf sein, Tendenz steigend.

Mit offenen Karten

Seit den 1990er Jahren füllen nämlich immer mehr bunte Plastikkarten die Geldbörsen der Österreicher. Mit dem Aufkommen von Bankomatkarten und der vermehrten Verwendung von Kreditkarten sei die Hemmschwelle bei den Leuten gesunken, mit Karten zu bezahlen und diese zu benutzen. So erklärt Michael Oberweger, Consulting-Leiter beim Standortberater RegioPlan, die wachsende Zahl an Plastikkarten. Das Vertrauen darin stieg, aber auch die Bereitschaft, persönliche Daten herzugeben. Damit wurde der Weg zur Kartenflut geebnet, der Handel sprang auf den Zug auf und begann, Vorteils-, Rabatt-, Kunden- oder Einkaufskarten zu verteilen. Und die Konsumenten haben es gerne angenommen.

Schließlich steckt hinter jeder Kundenkarte irgendein Versprechen. Sonderangebote nur für Stammkunden, ein Gutschein zum Geburtstag abhängig von der jährlichen Einkaufssumme, kleine Geschenke gegen gesammelte Punkte. Mit Kundenkarten wollen Unternehmen eines erreichen: Das der Konsument immer wieder kommt, und dem Gefühl erliegt, hier werde etwas Besonderes geboten, womit sich letztendlich auch Geld sparen lässt. 

Gezinkte Karten?

Genau daran zweifeln Konsumentenschützer. Walter Hager vom vki glaubt, bei Kundenkarten zahlt man gleich dreimal. Die Preise im Geschäft würden erstens künstlich hoch gehalten. Nur so rechnen sich die Rabatte für Karten-Inhaber, der Handel habe schließlich nichts zu verschenken. Zweitens zahlen Kunden mit dem Kontrollverlust: "Die Leute glauben, sie kaufen billiger ein, weil sie mir ihrer Plastikkarte besondere Angebote erhalten. Dabei verzichten viele auf einen Preisvergleich", so Hager. Drittens zahle der Kunde mit seinen Daten: "Ohne entsprechende Offenheit bei den eigenen Daten, kommt man nicht in den Genuss der Vorteile der jeweiligen Kundenkarte."

Oberweger von RegioPlan will den Kunden aber nicht ihre Eigenverantwortung absprechen. Konsumenten würden ihre Daten freiwillig hergeben, weil sie sich eben Vergünstigungen versprechen. Und letztlich sind genaue diese Daten die härteste Währung im Marketing. Was unter "Kunden-Beziehungs-Management" firmiert, ist nicht viel mehr, als die Auswertung von Datensätzen. 

Den Handel interessiert mehr als je zuvor, wer was wann wo und warum kauft. Damit wird dann gezielt Werbung gemacht. Vorlieben werden gespeichert, in Zukunft flattert dem Golffreund auch dementsprechende Werbung ins Haus, dafür aber keine über Pferdesport. Unternehmen wollen ihre Kunden besser verstehen, aber nicht zum Liebhaben, sondern weil sich damit trefflich Geld verdienen lässt.

In die Karten schauen

Und die Vorteile für den Handel wiegen die Kosten sicher auf. Die Produktion von Kundenkarten ist relativ günstig. Laut Oberweger sei das teuerste für ein Unternehmen wohl die Software zur Bearbeitung und Weiterverwendung der Daten. Denn die Daten sind nur dann von Wert, wenn sie analysiert und für das Marketing ausgewertet werden.

Konsumentenschützer Hager sieht hier ein Problem. Denn, wie die Daten verwendet werden, wüsste man nicht genau. Obwohl jeder Kunde das Recht hätte, sich genau danach zu erkundigen. Besonders unglücklich ist Hager, wenn die Kundenkarten-Funktionen zum Beispiel an eine Bankomat-Karte gebunden sind. Je mehr Daten auf einer Karte drauf sind, desto heikler. 

Das zarte Pflänzchen der Kunden-Unternehmens-Beziehung basiert also auch auf dem Prinzip Vertrauen. Da aber bekanntlich Kontrolle besser ist, sollten Konsumenten bei Kundenkarten auf die Nutzungsbedingungen achten. Ob man sich dem Kundenkarten-Reigen anschließen möchte oder nicht, diese Entscheidung muss der Konsument immer noch alleine fällen. (Daniela Rom, derStandard.at, 6.8.2012)