Etwas mehr als 25.000 Österreicher verwenden Ungarisch als Umgangssprache.

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Felsőőr/Oberwart - Josef Plank ist überzeugt: "Wir sprechen ein besonders schönes Ungarisch." Edith Klenner, die neben ihm sitzt, wiegt den Kopf. Ein stummes "Naja" ist das, ein gestischer Hinweis, dass das Geschmackssache sei. Und damit wird man es wohl auch belassen müssen, wenn man reden will übers Warter Ungarisch. az őrségi magyarul.

Josef Plank ist Obmann des burgenländisch-ungarischen Kulturvereins und Vorsitzender des ungarischen Volksgruppenbeirates im Bundeskanzleramt. Edith Klenner ist die Büroleiterin des 1968 gegründeten Vereins. Plank kommt aus Őrisziget/Siget in der Wart, ein Autochthoner also. Edith Klenner kam vor 20 Jahren der Liebe wegen. Beide zusammen repräsentieren recht gut die Spannweite innerhalb der ungarischen Volksgruppe, mit rund 40.000 die größte in Österreich.

5000 ungarische Sprecher

Freilich auch die heterogenste. Die 1976 anerkannte autochthone Minderheit im Burgenland - Erbschaft der bis 1921 dauernden Zugehörigkeit zum ungarischen Staatsverband - zählt knapp 5000 Sprecher in zwei Sprachinseln: in Felsőpulya/Oberpullendorf und eben in der Wart in den benachbarten Orten Felsőőr/Oberwart, Alsóőr/Unterwart und Őrisziget/Sziget in der Wart.

Die Burgenländer sprechen einen urtümlichen Dialekt, der stark von deutschen Lehnwörtern geprägt wird. Die Warter und Pullendorfer lebten, trotz der Zugehörigkeit zu Ungarn, stets auf einer Insel im Meer der Deutschen und Kroaten. Das hört der diesbezüglich beinahe französisch feinfühlige Ungar bis heute. Und manchen kräuselt es dabei die Ohren, wie der 1990 in Budapest verstorbene Sprachwissenschaftler Imre Samu zugab, um dann aber für sein heimatliches Idiom schon eine Lanze zu brechen: "Ich denke, dass der Oberwarter Dialekt sehr interessant ist, es ist eine ganz individuelle Färbung in der reichen Vielfalt der ungarischen Dialekte."

"Ungarisches Ungarisch" an Schulen

Eine Färbung, die manchmal auch die deutschen Nachbarn anstandslos verstehen. Die Linguistin Szilvia Szoták untersuchte die Alltagssprache und fand dabei unter anderem den wunderschönen Satz: "A feuerwehr vett egy új löschpumpnit meg egy új löschwognit."

Anders als die benachbarten Kroaten haben die Ungarn Sätze wie diese aber nie als Standardidiom verstanden. In den Schulen wird das "ungarische Ungarisch" gelehrt. Und seit gut zwanzig Jahren wird es das ziemlich flächendeckend. Im vergangenen Schuljahr lernten 3128 burgenländische Schüler in unterschiedlicher Intensität ungarisch, 438 in der Oberstufe, davon 146 im 1992 gegründeten zweisprachigen Gymnasium in Felsőőr. Angst ums Verschwinden des Ungarischen brauchen man also nicht zu haben.

Ende der 1990er: Wachstumsschub

1992 hat die kleine autochthone Minderheit der Magyaren einen ordentlichen Wachstumsschub erhalten, da wurden die unter "1956er" subsumierten Flüchtlinge und deren Nachkommen offiziell der Volksgruppe zugeschlagen. Die Wiener "Neuankömmlinge" und die knapp 5000 "Alteingesessenen" teilen sich seither die Minderheitenförderung halbe-halbe, was zuweilen ein wenig Spannung ins Sprachpflegegeschäft bringen kann.

Erzählt Ladislaus Kelemen, der seit 2000 dem Ungarischen Medien- und Informationszentrum und seinem Imre Samu Sprachkompetenzzentrum in Alsóőr/Unterwart vorsteht, eine Einrichtung, die sich der Sprachpflege auf wissenschaftlichem Wege nähern möchte, sich auch eingeklinkt hat in das Netzwerk auslandsungarischer Volksgruppenzentren.

Klischeekäfig

Dieser Zugang ist aber nicht immer leicht zu managen. "Oft kommt man über die Brauchtumspflege nicht hinweg." Im Bundeskanzleramt, wo die Förderungen vergeben werden, gibt's Geld nur für "Volksgruppenspezifisches". Ein wenig sei man da auch "gefangen im Klischeekäfig", will man verhindern, dass über kurz oder lang die Förderablehnung im postakasztli liegt.

Das sprachästhetische Empfinden des Imre Samu und auch des Josef Plank haben - in Maßen - auch fördertechnische Gründe. Weil, wenn der Kellner die bestellte Kaisermischung - Weißwein mit Almdudler - zu bringen vergessen hat, wie sagt dann der Warter? Die hier feldforschende Linguistin fand die schöne Antwort: "A köllner elfelejette a kaisermischungot." Sowas gefällt dann der Förderstelle. (Wolfgang Weisgram, DER STANDARD, 6.8.2012)