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Unzählige Male hat die Mars-Landung in Simulationen bereits geklappt, doch jetzt kommt der Ernstfall.

Foto: APA/EPA/NASA TV

Washington - "Ich sitze schon seit Wochen unruhig auf meiner Stuhlkante", sagt NASA-Manager John Grunsfeld. "Erst wenn der Rover sicher auf dem Mars ist, werde ich mich zurücklehnen können." Eine Sorge kann ihm die aktuelle Marswetter-Prognose immerhin schon nehmen: Die Bedingungen für die am frühen Montagmorgen geplante Landung des Roboters "Curiosity" auf dem Mars sind gut. Vor einigen Tagen ist laut NASA noch ein Staubsturm in der Nähe der geplanten Landestelle, dem Krater Gale in der Nähe des Mars-Äquators, geortet worden. Inzwischen habe sich dieser aber zu einer harmlosen Staubwolke gewandelt.

Für die Eintritts-, Abstiegs- und Landephase, die voraussichtlich zwischen 6.15 Uhr und 7.30 Uhr MESZ sein wird, haben die Weltraum-Organisationen NASA und ESA Livestreams eingerichtet, auf denen die Landung (indirekt, also über das kalifornische Kontrollzentrum der Mission) mitverfolgt werden kann. Via "Curiosity Cam" oder "NASA JPL Live" respektive NASA-TV soll es um 5.30 Uhr losgehen, die ESA schaltet sich eine Stunde später mit ihrem Livestream zu. Bereits im Vorfeld laufen dort Info-Videos zur Mission.

Geduld gefragt

Was besonders an den Nerven zerrt, ist der Umstand, dass die Bestätigung der Landung gar nicht so leicht zu bekommen ist. "Curiosity" selbst kann aus der Mars-Atmosphäre zunächst nur wenige Informationen an die Erde schicken. Stattdessen sendet der Rover nach jedem erfolgreichen Teil des Landemanövers Ultrahochfrequenz-Töne an die Raumsonde "Odyssey", die den Mars umkreist. "Odyssey" leitet diese weiter an die Antennen des Deep Space Network, unter anderem in der australischen Hauptstadt Canberra, wie die NASA und die Empfangsstation in Canberra mitteilten. Von dort aus werden die Signale ins Kontrollzentrum der NASA im US-Bundesstaat Kalifornien geschickt.

Wenn all das funktioniert, weiß die NASA pünktlich um 7.31 Uhr, ob ihre teuerste und technisch ausgefeilteste Mars-Mission geglückt ist und das rund 900 Kilogramm schwere, sechsrädrige Forschungslabor sicher auf dem Planeten aufgesetzt hat. Da eine derart aufwendige Kommunikation im All aber nicht immer reibungslos verläuft, warnt die NASA, dass es im schlimmsten Fall auch Tage dauern könnte, bis das Signal die Erde erreicht. Auch Bilder von der Landung wird es zunächst nicht geben. Frühestens 15 Stunden nach der Landung würden die ersten von "Curiosity" geknipsten Fotos auf der Erde erwartet, sagte ein NASA-Sprecher. Ein Video, das eine Kamera am Boden des Rovers während der Landung aufzeichnet, werde wahrscheinlich erst in ein paar Tagen eintrudeln.

Von Minuten zu Sekunden

Bereits im Vorfeld hatte die NASA das Schlagwort von den "sieben Minuten des Grauens" lanciert. Das ist die Phase, in der "Curiosity" in die Mars-Atmosphäre eintreten und nach einer Reihe komplizierter Manöver auf dem Planeten aufsetzen soll, während es dabei von rund 21.000 Kilometern pro Stunde auf Null abbremst. In dieser Phase können die Experten nur warten und hoffen: Alles ist vorprogrammiert, kein steuernder Eingriff von außen ist mehr möglich. Mittlerweile hat die NASA diesen allesentscheidenden Abschnitt, der je nach den aktuellen Bedingungen in der Mars-Atmosphäre zwischen 380 und 460 Sekunden dauern kann, noch näher aufgeschlüsselt:

0 Sekunden: "Curiosity" erreicht mit einer Geschwindigkeit von 5.900 Metern in der Sekunde 125 Kilometer über der Oberfläche die Marsatmosphäre.

254 Sekunden: Der Rover ist noch 405 Meter je Sekunde schnell, wenn in etwa zehn Kilometer Höhe der Bremsfallschirm geöffnet wird.

280 Sekunden: Bei einer Restgeschwindigkeit von 125 Metern je Sekunde wird in sieben Kilometer Höhe der Hitzeschild abgetrennt.

364 Sekunden: In 1,8 Kilometer Höhe wird bei rund 80 Metern je Sekunde das Abstiegsmodul abgekoppelt.

400 Sekunden: Mit einem Kran wird aus 20 Metern Höhe bei nur noch 0,75 Metern je Sekunde der Rover zur Oberfläche des Planeten herabgelassen.

416 Sekunden: Nachdem auf den letzten Metern die Räder ausgeklappt wurden, setzt "Curiosity" auf dem Mars auf - wenn alles klappt.

Die Probe aufs Exempel

Auch wenn im schlimmsten Fall eine Blamage droht und umgerechnet zwei Milliarden Euro unsanft in den Mars-Sand gesetzt werden, gibt sich die NASA optimistisch: Das unter anderem einen Fallschirm, Korrekturdüsen und einen Kran einbindende Landemanöver möge "verrückt" wirken, sagte NASA-Ingenieur Adam Steltzner vor Journalisten. "Aber ich versichere Ihnen, dass es die am wenigsten verrückte Methode ist, mit der man einen Rover, der so groß ist wie 'Curiosity', auf dem Mars landen kann." Außerdem sei das Manöver jahrelang geprobt worden, ergänzte sein Kollege Steven Lee. "In der Welt der Simulation sind wir schon Millionen Mal auf dem Mars gelandet." (red/APA, derStandard.at, 5. 8. 2012)