Bild nicht mehr verfügbar.

James Stewart und Kim Nova in "Vertigo".

Foto: dpa

Citizen Kane ist nicht mehr der beste Film. Das ist jetzt "Vertigo". Citizen wer? Vertigo wie? Ins Kino gehen hauptsächlich die Jungen, und die haben mit Ausnahme von ein paar rührenden Arthouse-Süchtigen von diesem Geniestreich des jungen Orson Welles aus dem Jahr 1941 (!) und dem Spätwerk des reifen Alfred Hitchcock von 1958 noch nie was gehört und gesehen.

Lang her die Zeiten, wo so etwas im ORF wenigstens ganz spät (und in Originalsprache!) gesendet wurde. "Der beste Film". Das ist für jeden, dem Kino etwas bedeutet, wahrscheinlich der, der ihn in seiner Jugend am meisten beeindruckt oder erschüttert hat. Das wird man nie los, dieses Überwältigt werden durch ein Meisterwerk. Da ist es fast egal, ob der Film einen Platz ganz vorn verdient hat. "Citizen Kane" leidet darunter, dass er in Drehbuch, Schnitt, Kamera so prägend revolutionär war, dass seine Filmsprache längst ins Repertoire der jüngeren Regisseure ein gegangen ist und kaum einer mehr weiß, woher das kommt. Von "Vertigo" kann man sich in die meisterlich-langsame Schilderung einer sexuellen Obsession reinziehen lassen, "der Beste" ist er trotzdem nicht.

Oder doch? "Citizen Kane" und "Vertigo" sind US-Kino in Hochblüte. Heute kommt von dort nur noch Schrott. Oder etwa nicht? Das Zweitschönste nach dem Überwältigenlassen von ei nem großen cineastischen Kunstwerk ist das Reden und Streiten darüber. Also, was ist der beste Film? (Hans Rauscher, DER STANDARD, 24.7.2012)