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London - Wasserball, wurscht ob Frauen oder Männer, ist ein Geheimtipp für alle, die es besonders brutal mögen. Diesbezügliche Novizen sollten sich das noch bis 12. August laufende Turnier in der Water Polo Arena des Olympiaparks geben. Es zahlt sich aus.

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Schon jetzt gibt es Wehklagen und Unschuldsbeteuerungen (wenn auch nicht -vermutungen). So beklagte sich etwa die italienische Weltklassespielerin Elisa Casanova nach der 8:10-Niederlage gegen Australien bitterlich: "Das hat nichts mit Wasserball zu tun, das ist Ringen." Damit hat sie allerdings unrecht. Denn so eben ist Wasserball. Beim Ringen wäre ein Zweikampfverhalten wie im Ball-Becken nicht einmal denkbar. Da sind die Kontrahenten vergleichsweise zuvorkommend.

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Im Wasserball dagegen erlaubt man sich alles, was nicht zu sehen ist. Und weil der Großteil der athletischen Action unter Wasser passiert, ist viel nicht zu sehen. Also neigen Wasserballer und Wasserballerinnen zu solch Drastischem, dass man verbalpolitisch eher korrekte Zimperlieschen und -seppeln jetzt zum Weglesen auffordern muss: Eiertreten, weiberlicherseits Nippeldrehen. Der Schlag in die Magengrube zählt eher schon zum Wettkampfalltag.

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Wehtun, ziemlich wehtun ist jedenfalls Programm. Kroatiens Miho Boskoskvic entstieg nach dem 8:6 zum Auftakt gegen Griechenland dem Becken ziemlich lädiert. Der knapp zwei Meter hohe Kroate geriet mit einem gleich großen Kontrahenten aneinander. Es setzte Tritte, Schläge, Drehgriffe genau dort, wo der Schmerz zu sitzen pflegt. Aber, so Boskovic, "Wasserball ist eben kein Ballett".

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Österreichs vielleicht nicht bester, aber jedenfalls berühmtester Wasserballer aller Zeiten war Friedrich Torberg. Er trat, schlug und drehgriffte bei der bekanntlichermaßen sehr schwimmaffinen Wiener Hakoah, wurde 1928 mit Hagibor Prag tschechoslowakischer Meister, wusste also, wovon er erzählte, als er 1935 den Roman "Die Mannschaft" schrieb.

Zum Beispiel über den Begriff Freundschaftsspiel. "Aber versuch du einmal, ein Wasserballmatch 'nicht ernst' zu nehmen, wenn dein Gegner dich in die Magengrube tritt oder noch tiefer."

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Zuweilen geht so was dann aber doch über die Hutschnur. Das Halbfinale von Melbourne im Dezember 1956 - Ungarn schlug die Sowjetunion 4:0 - eskalierte mit voller Absicht. Die Ungarn, deren Volksaufstand kurz zuvor blutig niedergeschlagen worden war, hatten sich vorgenommen, von Anfang an zu provozieren. "Wenn sie kämpfen, spielen sie nicht gut. Wenn sie nicht gut spielen, schlagen wir sie", so der damals 21-jährige Ervin Zador, der mit klaffender Wunde unterm Auge das Olympiabecken verließ.

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Torbergs Protagonist trägt den schönen ungarischen Namen Harry Baumester. Torberg lässt ihn einmal denken: "Vielleicht hast sogar du damit begonnen, ohne dass du es wusstest, bei deinem letzten Durchbruch hat der, der dir nachschwamm, andauernd deine emsig crawlenden Füße im Gesicht gespürt ... und es darf dich eigentlich nicht wundern, dass er die mächtigen Schläge seines Handtempos auf deinen Rücken gerichtet und dich endlich an der Schwimmhose erwischt hat." Wie das halt so ist, wenn ein Wort das andere gibt. (wei, DER STANDARD, 4.8.2012)

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