Merida, eine jugendliche Prinzessin aus dem Hause Pixar, die die männliche Konkurrenz nicht nur mit Pfeil und Bogen überrascht.

Foto: Disney/Pixar

Wien - Das wilde orangerote Haar der Hauptfigur sieht aus wie aus schwerer gekrauster Wolle geknüpft. Eigensinnige feine Fädchen ragen dazwischen frech heraus. Unbändig wie das Haar ist seine Trägerin: eine schottische Prinzessin, die lieber querfeldein reitet und mit Pfeil und Bogen schießt, anstatt artig zu repräsentieren.

Nach Spielzeug, Autos, Elektroschrott und allerhand Getier setzt die Animationsfilmschmiede Pixar - seit 2006 im Besitz von Disney - diesmal eine Titelheldin in Szene: "Merida - Legende der Highlands", im Original "Brave", "mutig", heißt das jüngste Zeichentrickabenteuer. Geschrieben hat es Brenda Chapman, eine der Vorreiterinnen in der Animationsindustrie, unter anderem war sie schon an "König der Löwen", "Die Schöne und das Biest" und - als Regisseurin - an "Der Prinz von Ägypten" (1998) beteiligt.

Ein Bärenungeheuer geht um

Der neue Film, für den Chapman gemeinsam mit Mark Andrews und Steve Purcell auch als Regisseurin verantwortlich zeichnet, spielt im Mittelalter. Eine Hexe, kleine blaue Geisterchen und ein Bärenungeheuer kommen vor, aber die Geschichte ist zeitlos menschlich. Die Prinzessin Merida kommt ins heiratsfähige Alter, ihre bisherigen Freiheiten werden beschnitten. Das Mädchen rebelliert gegen die Mutter, die die Erziehung zur Weiblichkeit in die Hand nimmt (der Vater begegnet seiner Tochter mit einer ähnlich permissiven Haltung wie seinen drei kleinen Rabaukensöhnen).

Merida reißt aus und trifft im tiefen Wald auf eine Holzschnitzerin, die den schrulligen Greisinnen von Hayao Miyazaki ähnlich sieht (die Filme des Japaners haben übrigens seit Jahrzehnten jede Menge Trickfilmheldinnen hervorgebracht). Sie geht einen folgenschweren Handel ein. Die Dramaturgie des Films holpert nicht erst hier ein wenig. Im räumlichen Hin und Her und Hin zwischen Burg und Zauberwald reißt auch die Entwicklungsgeschichte immer wieder ab. Die Stärke des Films liegt in der Ausgestaltung einzelner Szenen. Vor allem die Auswirkungen des Zaubers sorgen für schöne Situationskomik und überraschende visuelle Gags.

Dass und wie "Merida" den Fokus auf die Beziehung von Mutter und Tochter legt, ist im Kontext des US-Animationsfilms, den immer noch männliche Helden in beliebiger Gestalt dominieren, keine geringe Innovation. Die Diskriminierung nach Geschlecht wird im Film allerdings als Generationskonflikt wahrgenommen und auch auf dieser Ebene gelöst. "Merida" ist eben doch auch ein Märchen. (Isabella Reicher, DER STANDARD, 3.8.2012)