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Markus Rogan vor dem Österreicher-Haus in London.

Foto: APA/EPA/Groder

London - Markus Rogan wird wohl nicht mehr bis zu den Sommerspielen 2016 in Rio weitermachen. Das ließ der Wiener am Donnerstag bei der Pressekonferenz im Österreich-Haus mehr als durchklingen. Am Mittwoch wurde der 30-Jährige im Halbfinale über 200 m Lagen aufgrund eines technischen Fehlers bei der Wende disqualifiziert. Die Enttäuschung saß tief: "Ich bin 45.000 Kilometer geschwommen. 200 Meter wollte ich noch schwimmen." Zerknirscht zog er gewissermaßen Karrierebilanz: "Ich habe viel Blödsinn gesagt, aber sportlich war ich immer fair."

Als der Wiener einst im heimischen Sport auftauchte, wurde er von der Öffentlichkeit wohlwollend aufgenommen. Er gab Journalisten freche Antworten auf ihre immer gleichen Fragen und zeigte sich sprachlich gewandt. Das kam zunächst gut an, er hob sich vom langweiligen Einheitsbrei heimischer SportlerInnen ab. Doch das Blatt sollte sich wenden. Zu viel Werbung, zu viel Seitenblicke, zu viel Senf zu diesem und jenem, und für manchen wohl auch zu viel Erfolg. Was zunächst als unübliche Eloquenz gefeiert wurde, galt schon bald als Arroganz und Präpotenz. Für die Medien ein Glücksfall, für sich selbst oft ein Hindernis.

Medaillen en masse

So musste Rogan miterleben, wie seine Popularitätswerte allmählich auf Politikerniveau sanken. Als er in einer Römer Disco Prügel einstecken musste, waren Schadenfreude und Häme nicht klein. Seine Misserfolge schienen dem Publikum größere Freude zu bereiten als seine Medaillen. Und von denen hat er reichlich. Denn über all den Diskussionen um seine Person wurde beinahe vergessen, dass Rogan ein herausragender Sportler ist. Seine Erfolge aufzuzählen ist schier unmöglich. Hängt man ihm seine 34 Olympia-, WM- und EM-Medaillen gleichzeitig um den Hals, kippt er wohl nach vorne über.

Als Highlight kann man dennoch Gold in Weltrekordzeit bei der Kurzbahn-WM 2008 in Manchester herausstreichen. Und natürlich die zwei olympischen Silbermedaillen von Athen 2004 über 100 und 200 m Rücken. Ebendort bewies er nicht alltägliche Größe, als er sich gegen eine Disqualifikation von Sieger Aaron Peirsol aussprach. Dass Rogan acht Jahre später in London noch immer um eine olympische Medaille schwamm, ist eine Leistung für sich. Dass er nun selbst disqualifiziert wurde, eine unschöne Laune des Schicksals.

Erfolge wider die Strukturen

Gerade im Angesicht des aktuellen Medaillenspiegels muss man Rogans Leistungen für den heimischen Sport würdigen. Er hat Österreich im Schwimmsport auf die Landkarte gesetzt. Obwohl die Strukturen hierzulande nicht für Erfolge in einer weltweit ausgeübten Sportart sprachen. Und es noch immer nicht tun. Was eine Initialzündung hätte sein können, wurde nicht angenommen. Nach wie vor sind Trainingsbedingungen und Organisation im Schwimmsport mangelhaft. Ob Rogan sich mit seiner Erfahrung irgendwann auch dieser Aufgabe annehmen wird? Noch sagt er über seine Zukunft gar nichts. Aber es wäre wohl ein weiterer Glücksfall. (Philip Bauer, derStandard.at, 2.8.2012)