Mogadischu - Die verfassungsgebende Versammlung in Somalia, die nicht aus gewählten Volksvertretern zusammengesetzt ist, hat sich am Mittwoch in der Hauptstadt Mogadischu auf einen Verfassungsentwurf für das vom jahrzehntelangen Bürgerkrieg geschundene ostafrikanische Land geeinigt. Das gab der Ministerpräsident der Übergangsregierung, Abdiweli Mohammed Ali, bekannt. Die 825 Teilnehmer hatten zu 96 Prozent dem Entwurf zugestimmt.

Die Verfassung soll sich am islamischen Recht der Scharia orientieren und zugleich Männern und Frauen Gleichberechtigung garantieren. Sie muss noch durch einen Volksentscheid bestätigt werden, bevor sie in Kraft treten kann. 

Anschlag überschattet Abstimmung

Überschattet wurde die Abstimmung von einem mutmaßlich islamistischen Anschlag auf die Versammlung, bei dem die zwei Attentäter getötet wurden und ein Wachmann verletzt wurde. In Somalia gibt es seit dem Sturz des Regimes des langjährigen Militärdiktators General Mohammed Siad Barre 1991 keine funktionierende Regierung. Die radikalislamische Shabaab-Miliz, die gegen die schwache Übergangsregierung kämpft, kontrolliert weite Teile des Zentrums und des Südens des Landes und verübt immer wieder Attentate.

Al-Shabaab ("Die Jugend") weitet ihren Einflussbereich über Somalia hinaus aus. In Kenia habe die Miliz Netzwerke zur Anwerbung neuer Mitglieder, zum Einsammeln von Geldern und zum Training aufgebaut, geht aus einem unveröffentlichten UNO-Bericht hervor. 2010 hatte sich Al-Shabaab zu dem Doppelanschlag in Uganda während der TV-Übertragung des Endspiels der Fußball-WM in Südafrika bekannt. Bei den Anschlägen am 11. Juli in Kampala auf einen Sportclub und ein äthiopisches Restaurant waren 76 Menschen getötet und Dutzende verletzt worden. Die Miliz sprach von "Vergeltung" für Ugandas militärische Unterstützung der somalischen Übergangsregierung.

Al-Shabaab wurde 1998 von Sheikh Hassan Dahir Aweys als Kampfeinheit innerhalb der sogenannten "Union islamischer Gerichte" gegründet. Diese hatte durch rigorose Anwendung der Scharia für etwas Ordnung gesorgt, nachdem sie eine von den USA unterstützte Warlord-Allianz geschlagen hatte. Verschiedene Warlords hatten seit dem Sturz Siad Barres Chaos und Anarchie verbreitet. Ein von Aweys verstoßener Gefolgsmann, Sheikh Sharif Sheikh Ahmed, vom Westen nunmehr als "moderater" Islamist eingestuft, ist derzeit international anerkannter Übergangs-Präsident. Die äthiopische Militärintervention 2006-09 führte zum Erstarken der Shabaab, die es sich auf die Fahnen heftete, den Erbfeind in einem "Heiligen Krieg" aus dem Land zu vertreiben.

Ban gratuliert Somalia

UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon hat Somalia zur Einigung auf eine neue Verfassung gratuliert. Er gratuliere den Somaliern "zu dem historischen Erfolg sowie zu ihrer Entschlossenheit, nunmehr die Übergangsphase abzuschließen und neue repräsentative politische Institutionen im Land zu etablieren", sagte der Sprecher des UNO-Chefs, Martin Nesirky, in New York. (APA, 2.8.2012)