Ein Mann tritt vor die Öffentlichkeit und erklärt: "Ich gestehe. Ich selbst und einige andere daran Interessierte haben die faulen Eier im Garten versteckt. Es war nicht, wie von uns immer behauptet, der Osterhase. Den Osterhasen gibt es in Wirklichkeit nämlich gar nicht."

Die Öffentlichkeit reagiert schockiert: "Unfassbar!", "Sensation!", "Ein politisches Erdbeben!". Die Klagenfurter Staatsanwaltschaft räumt ein, dass man vier Jahre lang vielleicht doch zu sehr mit der Fahndung nach dem Osterhasen beschäftigt war und darüber andere Ermittlungen ein wenig vernachlässigt hat. Von der Kärntner Landesholding gekaufte Gutachter, die zuvor die unzweifelhafte Täterschaft des Osterhasen bestätigt hatten, beeilen sich nun zu erklären, dass sie bloß die theoretische Möglichkeit des Eier-Versteckens durch marodierende Hasen-Banden nicht grundsätzlich ausgeschlossen hätten. Und Landeshauptmann Dörfler weist Zweifel an der realen Existenz des Osterhasen scharf zurück und warnt vor möglichen Folgen: "Was wird dann als nächstes in Frage gestellt? Das Christkind? Die Zahnfee? Der Lindwurm?"

Die Frage, warum unsere Justiz so lange gebraucht hat, um zu der in Birnbachers Osterhasen-Geständnis enthaltenen Erkenntnis zu kommen, blieb bislang unbeantwortet. Warum er es gerade jetzt abgeliefert hat, scheint hingegen leicht zu erklären. Der Dank dafür gebührt Richter Manfred Herrnhofer, der dem Villacher Steuerberater gegenüber eine einfache, aber wirkungsvolle Taktik angewandt haben dürfte: Klartext.

Das könnte sich in einer Prozesspause ungefähr so angehört haben: " Angeklagter! Folgendes: 1. Ich will weder in Kärntner Politik noch Justiz Karriere machen. 2. Ich besitze gesunden Menschenverstand. 3. Ich lasse mich nur ungern verarschen. 4. Eine mehrjährige Haftstrafe ist nicht das pure Vergnügen, schon gar nicht in Ihrem Alter. 5. Dass Haider und Martinz Ihnen die Millionen nicht aus Jux und Tollerei geschenkt haben, weiß ohnehin jeder. Aus all dem folgt: 6. Vielleicht fällt Ihnen ja was ein, was Sie uns noch erzählen wollen."

Der Drang zur Wahrheit ist ein menschliches Begehren, das rasch erlahmen kann. Der Birnbacher-Prozess lässt nun darauf schließen, dass Tacheles diesbezüglich geradezu Viagra-hafte Wirkung entfalten kann. Eine therapeutische Maßnahme also, deren Heilkraft sich auch in anderen Fällen erweisen könnte.

Zum Beispiel so: "Sehr geehrter Herr Plech! Sie sind gerade einmal drei Jahre jünger als der Birnbacher. Der Meischi ist jung und naiv, der glaubt noch an eine sorgenfreie, vom dankbaren Karl-Heinz finanzierte Zukunft für die Zeit danach. Aber wie soll die bei Ihnen ausschauen? Ein goldener Rollator mit Swarovski-Steinderln?"

Oder so: "Lieber Herr Rumpold! Nicht bös sein, aber im Vergleich zu Ihren Telekom-Gutachten wirkt das vom Birnbacher wie die Encyclopedia Britannica. Klar, der FPÖ- Permanentwahlkampf kostet Geld, und um das einzutreiben braucht es einen 'Mann fürs Grobe', aber dieser Titel gefällt Ihnen doch nicht mehr. Wenn Sie ein bisserl mitarbeiten, hätten wir vielleicht sogar einen neuen für Sie. Wie wär's mit ' Eurofighter-Kronzeuge'?"

Also, nur Mut, bei echten Wundermitteln gibt es auch keine Überdosierung. (Florian Scheuba, DER STANDARD, 2.8.2012)