Wien - Korruption in der Justiz ist kein Vorarlberger Spezifikum wie eine aktuelle Anklage der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft zeigt: 13 Justizmitarbeiter aus fünf Bundesländern sollen über Jahre Daten aus Exekutionsakten an eine Wirtschaftsauskunftei verkauft haben.

Ins Rollen brachte die Sache die Anzeige einer Mitarbeiterin der Auskunftei Kreditinform. Der frühere Chef der Firma soll als " Bestimmungstäter" Justizmitarbeiter (Rechtspfleger, Kanzleibedienstete, Gerichtsvollzieher) angestiftet haben, Daten von Schuldnern und Gläubigern aus Akten und Registern zu sammeln und an ihn zu verkaufen. Eine weitere Anzeige kam vom Europa-Abgeordneten Ewald Stadler (BZÖ), an dessen Bonität bei einem Handykauf gezweifelt wurde.

Im Geschäft war die Auskunftei mit Justizmitarbeitern in der Steiermark, in Kärnten, Niederösterreich, Tirol und Vorarlberg. Gedealt wurde von 2002 bis 2010. "Zwei Fallgruppen" beschreibt der Sprecher der Korruptionsstaatsanwaltschaft, Erich Mayer: "Die einen haben aus von ihnen bearbeiteten Akten Daten gesammelt, in Listen eingetragen und weitergegeben. Das ist Verletzung des Amtsgeheimnisses. Die andere Gruppe hat unerlaubt das elektronische Register abgefragt. Das ist Amtsmissbrauch."

Nicht mehr möglich

Willkürlich Daten aus elektronischen Registern zu holen, sei mittlerweile nicht mehr möglich, sagt Mayer. Abfragen könne man nur noch Daten aus dem eigenen Arbeitsbereich. "Alles, was über die eigenen Dienststelle hinausgeht, muss begründet werden." Außerdem könne jeder für den jeweilige Akt Verantwortliche sehen, wer eine Anfrage gestellt hat.

Das Geschäft mit den Daten war für die meisten ein Zuverdienst. Durchschnittlich hätten die Bediensteten zwischen 1000 und 1600 Euro aus den Malversationen lukriert. Ein Einzelfall sei jener Justizmitarbeiter, der acht Jahre lang die Auskunftei belieferte und damit rund 100.000 Euro verdiente. Details zur Person gibt die Antikorruptionsbehörde nicht bekannt.

Wo der Prozess wegen Amtsmissbrauchs und Verletzung des Amtsgeheimnisses stattfinden wird, steht noch nicht fest. Anklage erhoben wurde am Landesgericht Graz, die Korruptionsstaatsanwaltschaft stellte aber einen Antrag auf Delegierung nach Wien. Den Angeklagten drohen Freiheitsstrafen zwischen sechs Monaten und fünf Jahren. (jub, DER STANDARD, 1.8.2012)