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Der Franzose Yannick Agnel hat den so hoch eingeschätzten US-Amerikanern schon zweimal den Rang abgekrault.

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Der eine trug die Fahne, der andere trägt Verantwortung. Doch eine Äußerung von Rogan hat bei ÖOC-Chef Stoss große Aufregung verursacht.

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Zaha Hadid hat immer einen Grundgedanken und ein Konzept, zumindest ihren Grundgedanken für die olympische Schwimmhalle erkennt man auf den ersten Blick. Welle, so lautete der Grundgedanke, und also wölbt sich das Dach des Aquatic Centers wellenförmig nach unten. Banausen sagen, das wirke, als würde ein riesiger Wal auf der Halle liegen, die derzeit 17.500 Banausen, Pardon: Zuseher, fasst. So oder so wird sie sich nach den Spielen gehörig verändern, nämlich auf eine Kapazität von 2500 Zusehern, es ist aber davon auszugehen, dass der Wal so groß bleibt, wie er ist.

Auch durch die Katakomben des Aquatic Centers läuft eine Welle, aber vertikal, in Form eines Absperrgitters. Es trennt die Journalisten von den Schwimmern, Media Zone nennt sich das, hier hängen die einen an den Lippen der anderen. Weil die Lippen beispielsweise von Michael Phelps aber über die Maßen beansprucht wären, bekommt Phelps ruck, zuck ein Mikrofon verpasst, und also schwappen seine Statements unüberhörbar durch den ganzen Raum. Kürzlich hörte man Phelps dort also auf einige Fragen antworten, und das Ungewöhnliche daran war, dass Phelps nicht über sich selbst zu reden hatte, sondern über Teamkollegen. Was er zum Erfolgslauf von Missy Franklin sage, wollte die US-Journaille wissen, und wie er den vierten Rang von Ryan Lochte über 200 Meter Kraul beurteile.

Ein lachender Dritter

Phelps und Lochte waren so richtig gehypt worden vor Olympia. Die US-Amerikaner sollten sich ein epochales Duell um Titel und Rekorde liefern. Und plötzlich standen sie nach den ersten beiden Tagen, nach jeweils einem Einzel- sowie einem gemeinsamen Staffelfinale, beinah schon als Verlierer da. Zwar hatte Lochte über 400 Meter Lagen zugeschlagen, doch kraulend war er gleich zweimal abgehängt worden, in der Staffel und solo, jeweils von ein und demselben Gegner. Der Franzose Yannick Agnel hat Lochte, der über 200 Meter gar nur als Vierter anschlug, und Phelps vorerst klar in seinen Schatten gestellt. Ganz generell zeigt sich in London, dass der Schwimmweltrest in den vergangenen vier Jahren nicht geschlafen hat. Phelps, der 2008 acht Goldene holte, ist nicht mehr der Phelps von Peking, und Lochte ist nicht Phelps.

Welcher Markus Rogan Markus Rogan ist, zeigt sich heute. Über 200 Meter Lagen geht es am Vormittag um den Einzug ins Semifinale, in dem es am Abend um den Einzug ins Finale (Donnerstag) geht. "Ich bin in Höchstform" , sagt Rogan. Und durch seinen gestrigen Einsatz in der Staffel über viermal 200 Meter Kraul sah er sich bestätigt. Er schwamm mit 1:48,13 Minuten eine persönliche Bestzeit. Österreichs Quartett (Brandl, Scherübl, Rogan, Janistyn) belegte den 16. und letzten Platz, war aber immerhin schneller als zuletzt bei der Europameisterschaft. "Als kleines Land muss man das erst einmal schaffen", sagte Rogan.

Das Rennen seines Lebens

Für seine Lagenrennen hat Rogan einen Grundgedanken und ein Konzept. Grundgedanke: "Zuerst muss ich ins Finale kommen." Konzept: "Im Finale muss ich das Rennen meines Lebens schwimmen." Dann traut sich der 30-Jährige eine Medaille zu, es wäre seine 35. bei einem internationalen Großevent (Olympia, WM, EM). Phelps und Lochte, die ebenfalls am Start sind, hält Rogan unvermindert für die großen Favoriten auf Gold und Silber. "Ich will den Rest der Welt anführen." Zu diesem Rest zählen vor allem auch der Ungar Laszlo Cseh, der allerdings in London schon zwei Endläufe verpasste, sowie der Brasilianer Thiago Pereira, Zweiter über 400 Meter Lagen, und der Brite James Goddard.

Der Kopf

Und natürlich hat Rogan die - teils gewollte - Aufregung mitbekommen, die er verursacht hatte, als er Intelligenz im Spitzensport als hinderlich bezeichnete und dies mit Hermann Maiers Erfolgen untermauert wissen wollte. Selbst ÖOC-Präsident Karl Stoss hatte Rogan sozusagen via ORF den Kopf gewaschen. Dessen Bemerkung sei "nötig wie ein Kropf" gewesen, "äußerst ärgerlich".

Sogar Sanktionen wollte Stoss nicht ausschließen. "Ich weiß nicht, was da im Kopf vorgeht", sagte der ÖOC-Chef noch. Doch es lag wohl nicht so sehr an der großen Stoss-Aufgeregtheit, dass sich Rogan gestern selbst etwas relativiert hat. "Wichtig ist es, den Kopf auszuschalten, das sollte ein Sportler im richtigen Moment können", sagte er. "Hermann Maier bewundere ich dafür", sagte er auch. Und im Londoner Aquatic Center schickte sich eine Welle zu verebben an, nicht jene von Zaha Hadid, die an einen Wal gemahnt, sondern eine viel kleinere, die Welle einer österreichischen Empörung.(Fritz Neumann, DER STANDARD, 01.08.2012)