Bukarest - Aus Protest gegen Pläne der Regierung in Bukarest, das Rumänische Kulturinstitut (ICR) auf einen nationalistischen Kurs umzustellen, hat dessen Leitung am Dienstag ihren Rücktritt angekündigt. "Eine (bisher) europäische Agenda wurde durch eine nationalistische ersetzt", sagte der ICR-Direktor Horia Roman Patapievici. Hintergrund ist der jüngste Regierungswechsel in Bukarest.
Der seit drei Monaten amtierende sozialistische Ministerpräsident Victor Ponta hatte per Eildekret verfügt, dass das ICR der Autorität des bürgerlichen Staatspräsidenten Traian Basescu entzogen und dem von den Sozialisten dominierten Senat (obere Parlamentskammer) unterstellt wird. Zugleich verfügt das Dekret, dass ICR ab sofort vor allem die bisher "vernachlässigte" nationale Identität der im Ausland lebenden Rumänen fördern solle. Patapievici befürchtet daher, dass das Programm des ICR provinzieller wird.
Protest von Kulturschaffenden
Gegen das Dekret hatte der rumänische Ombudsmann für Bürgerrechte vor dem Verfassungsgericht geklagt. Diese Klage hat das Gericht am Dienstag abgewiesen. Die Literatur-Nobelpreisträger Elfriede Jelinek, Herta Müller und Tomas Tranströmer sowie viele andere Kulturschaffende hatten gegen den neuen Kurs protestiert.
Ponta hatte dem ICR politische Propaganda für Basescu vorgeworfen. Zwar hat Direktor Patapievici, Atomphysiker und einer der bekanntesten wertkonservativen Essayisten des Landes, mehrfach offen für Basescu Partei ergriffen. Dennoch hat sein Institut auch etliche linksgerichtete Kulturschaffende gefördert.
Patapievici hat in den bisher acht Jahren seiner Amtszeit das ICR (Institutul Cultural Roman) erstmals zu einer von vielen Seiten anerkannten Blüte gebracht. ICR unterhält 17 Institute im Ausland, darunter in Wien, Paris, Berlin, Stockholm, New York und Tel Aviv. Mehr als 300 Werke rumänischer Autoren - darunter Namen wie Mircea Cartarescu - wurden mit Finanzhilfe des ICR in die Weltsprachen übersetzt. (APA, 31.7.2012)